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Noch immer ist unklar, wofür genau das milliardenschwere Sondervermögen Klimaschutz verwendet werden soll. Die Innensenatorin hat da eine Idee.

Falls dann doch mal eine Polizeiwache saniert wird: Die Bauarbeiterhelme sind schon da Foto: T. Seeliger/Imago

Berlin taz | Die Berliner SPD ist um Selbstlob nicht verlegen. Das bis zu 10 Milliarden Euro schwere „Sondervermögen Klimaschutz, Transformation und Resilienz“ des Senats sei „bundesweit einmalig und beispielgebend“ und natürlich „maßgeblich von der SPD vorangetrieben“, heißt es im Leitantrag für den Landesparteitag an diesem Samstag. Die Parteispitze gibt sich überzeugt: „Berlin kann so zur Vorreiterin der urbanen Klimawende werden.“

Be­ob­ach­te­r:in­nen bezweifeln, dass am Ende des Tages viel von der Vorreiterin zu sehen sein wird. Zwar gehört es nach wie vor zu den gut gehüteten Geheimnissen des schwarz-roten Senats, wofür der Sondervermögen genannte Milliardenkredit im Detail verwendet werden soll. Umso offensichtlicher sind indes die Begehrlichkeiten der einzelnen Senatsverwaltungen.

So überraschte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Montag mit dem Vorstoß, auch die Sanierung maroder Polizeiwachen aus dem Sondervermögen zu finanzieren. Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses bezifferte Spranger den diesbezüglichen Sanierungsstau auf immerhin 2,1 Milliarden Euro. Und tatsächlich sucht man Mittel für Polizeiwachen-Sanierungen im Senatsentwurf für den Doppelhaushalt 2024/25 vergeblich. Also immer her mit dem Sondergeld?

Der Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), Tilmann Heuser, ist angesichts solcher Vorschläge alarmiert. Es sei ja „ein guter Ansatz“, dass CDU und SPD mit ihrem Sondervermögen den Klimaschutz voranbringen wollen. Aber die Gelder sollten eben unter anderem für energetische Gebäudesanierungen verwendet werden, nicht dazu, jahrelang vernachlässigte landeseigene Immobilien vor dem Einsturz zu bewahren. „Wenn jetzt mit den Mitteln Polizeiwachen grundsaniert werden, wird das Sondervermögen Klimaschutz komplett entwertet“, sagt Heuser zur taz.

Verschiebebahnhof Sondervermögen

Vasili Franco, der Innenexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sieht das ähnlich. Es helfe wenig, wenn der Abbau des Sanierungsstaus bei den Polizeiwachen von Spranger „mantraartig als Priorität benannt“ werde, das im Haushalt dann aber mit keinem Euro untersetzt sei. „Die Innensenatorin schiebt die gesamte Aufgabe des Sanierungsstaus in das Sondervermögen ab“, kritisiert Franco im Gespräch mit der taz. Es habe aber „nichts mit Klimaschutz zu tun, wenn lediglich reguläre Haushaltslöcher gestopft werden sollen“.

Ob das Haus von Iris Spranger an ihren sondervermögenden Wünschen in Sachen Wachen festhält, steht in den Sternen. Erst Anfang Oktober will die Innenverwaltung einen Bericht darüber vorlegen, wie die angedachte Mittelverwendung im Rahmen des Sondervermögens im Einzelnen aussehen soll.

Etwas weiter ist Schwarz-Rot inzwischen wenigstens mit Blick auf die Investitionsplanung für die Jahre 2023 bis 2027. Auch die sollte eigentlich schon längst beschlossen worden sein, wurde vor zwei Wochen aber von der Tagesordnung des Senats genommen. Es gab da „einiges an Nachfragebedarf“, sagt Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung, auf der der Beschluss der mittelfristigen Finanzplanung nun nachgeholt wurde.

Evers macht bei der Gelegenheit erneut deutlich, dass die fetten Jahre bald vorbei sind. „Berlin muss künftig besser funktionieren, auch mit weniger Geld“, sagt Evers. Zwar liege der Anteil der Investitionen am Landeshaushalt bei durchschnittlich 9,5 Prozent, wobei der Schulbau unverändert den größten Einzelbatzen darstelle. Insgesamt müsse Berlin aber mit den Ausgaben runter. Es werde deshalb „zu priorisieren sein, in der kommenden Zeit, in den kommenden Jahren“.

Hartes Sparprogramm droht

Wie berichtet, wollen CDU und SPD zur Finanzierung all ihrer großzügig versprochenen Projekte in den nächsten zwei Haushaltsjahren massiv an die Milliarden-Rücklagen des Landes gehen. „Aber das geht nur einmal“, referiert Evers das Offensichtliche – und mahnt, ebenfalls erneut, zur „Rückkehr in den haushaltspolitischen Normalmodus“.

Ab 2026 könnte also drohen, wovor viele schon länger warnen: ein hartes Sparprogramm. Ein ausgewiesener Haushaltsexperte fasst die Finanzpläne des Senats gegenüber der taz so zusammen: „Das alles ist auf Kante genäht und folgt dem Motto: Nach uns die Sintflut.“

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