Haushaltsplan beschlossen: Der schöne ungedeckte Scheck
Senat beschließt Haushaltsplan für 2010 und 2011. Trotz Milliardenlöchern werden bei Bildung und Gesundheit Akzente gesetzt.
Immerhin an einem Posten hat der Senat gespart: an der Zeit. Die Sitzung, bei der die Landesregierung am Dienstag den Doppelhaushalt für die Jahre 2010 und 2011 beschlossen hat, sei "wirklich sehr kurz" gewesen, sagte Finanzsenator Ulrich Nußbaum.
Die Knackpunkte hatte der parteilose Politiker mit seinen Senatskollegen vorab gelöst. Zuletzt hatte er sich noch mit Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) darauf geeinigt, dass der Zuschuss für die Hochschulen um 53 Millionen Euro jährlich erhöht wird. Noch Ende Juni hatte Nußbaum nur 35 Millionen rausrücken wollen. Aber das fällt kaum mehr ins Gewicht - bei 5,6 Milliarden Euro, die Berlin in den beiden Jahren insgesamt an neuen Schulden aufnehmen will. Und muss.
Schon im März hatte der Senat noch unter Nußbaums Vorgänger Thilo Sarrazin (SPD) die Eckwerte für den Doppelhaushalt festgelegt. Im Mai kam die erste Steuerschätzung nach der Wirtschaftskrise und prognostizierte Einnahmeausfälle von 4,6 Milliarden Euro für die beiden Jahre. Hinzu kommen sinkende Einnahmen bei Grundstückverkäufen, steigende Ausgaben für Hartz-IV-Empfänger, für Konjunkturmaßnahmen und nicht zuletzt rund 200 Millionen Euro an zusätzlichen Zinsen. Und dann ist da noch das vom Bundestag im Juni aufgelegte Bürgerentlastungsgesetz, wodurch laut Nußbaum Berlin weitere 300 Millionen Euro jährlich fehlen. "Der Bund räumt einen großen Teil unserer Einnahmen weg", klagte der Finanzsenator.
Dennoch stellt der Senat nicht seine Politik ein. Im Gegenteil: Nußbaum präsentierte am Dienstag eine lange Liste von Schwerpunkten, die der Senat trotz schwieriger Rahmenbedingungen "für die Zukunft der Stadt" setzen will. Da wäre zum einen der Bildungssektor. Nicht nur die Hochschulen bekommen mehr Geld. Auch die Zuschüsse für die Kitas werden in zwei Schritten um insgesamt fast 15 Prozent erhöht. Das belastet die Landeskasse mit 115 Millionen Euro. Die Eltern können dafür ab 2010 ihre Kinder in den letzten beiden Vorschuljahren, ab 2011 gar drei Jahre kostenlos in die Kitas geben. Auf die Gebührenbefreiung hatten sich SPD und Linkspartei in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Auch ein weiteres Lieblingsprojekt, die Schulstrukturreform inklusive des Ausbaus des Ganztagsangebots, lässt sich die rot-rote Koalition etwas kosten. Die Reform schlägt 2010 mit 6 Millionen, 2011 mit 12 Millionen zu Buche.
Für Investitionen in Krankenhäuser sind insgesamt 205 Millionen eingeplant, plus weitere 330 Millionen für das Hochschulklinikum Charité, die allerdings erst freigegeben werden, wenn sich Senat und Charité auf einen Masterplan einigen. 122 Millionen will Nußbaum wie in den Vorjahren in Verkehrswege stecken, 6 Millionen kosten neue Uniformen bei Polizei und Feuerwehr. Als letzten Gestaltungsschwerpunkt benannte der Senator die Frauen-Fußball-WM, die 2011 auch in Berlin ausgetragen wird. Dafür hat der Senat 1,4 Millionen Euro eingeplant.
Fraglich ist jedoch, ob Berlin das Geld überhaupt haben wird. Angesichts der Wirtschaftskrise sei ein Zeitraum von zwei Jahren kaum noch planbar, sagte Nußbaum. Zumindest nicht die Einnahmenseite. "Glaube keiner Steuerschätzung!", sagte Nußbaum. Man müsse sich fragen, ob nicht schon im November Korrekturen notwendig seien. Weil die Wirtschaftskrise nach der Bundestagswahl auf den Berliner Arbeitsmarkt durchschlage. Weil dann die Sozialausgaben steigen und die Steuereinnahmen sinken könnten. Weil die Lage durch vorgeschlagene weitere Steuerentlastungen auch nicht einfacher werde.
Dass dennoch wieder ein Haushaltsplan für zwei Jahre vorgelegt wurde, begründete der Senator mit der Planungssicherheit bei den Ausgaben. Doch auch damit ist es nicht weit her. Sollte die Krise tatsächlich im Herbst Berlin treffen, könne er eine neue Sparrunde nicht ausschließen. In dem Fall werden die Senatssitzungen deutlich länger dauern als am Dienstag. Vielleicht bis Anfang Dezember. Dann soll das Abgeordnetenhaus den Etatentwurf absegnen.
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