piwik no script img

Haushaltspläne für 2014 und 2015Mehr ist nicht drin

Bürgerschaftsdebatte: Trotz der 300 Millionen Euro Konsolidierungshilfe pro Jahr reicht die bisherige Spar-Strategie nicht.

Selbst der Tod will mehr Geld - und unterstützt daher die Proteste von GEW und Ver.di Bild: kawe

Zwei- bis dreitausend MitarbeiterInnen der Universität, LehrerInnen und ErzieherInnen forderten gestern auf dem Bremer Marktplatz ein Ende der Sparpolitik. Auf 20 Millionen Euro bezifferte ein GEW-Sprecher die erforderliche Mehr-Summe für den Bildungs-Bereich.

Anlass der Demonstration waren die Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft am Vormittag. Vertreter der Lehrer-Gewerkschaft GEW und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di forderten die Ablehnung des Haushaltsentwurfes. Am Sonntag, so erklärten sie, hätten SPD und Grüne die Quittung für ihre Politik in Bremen bekommen – nirgends sonst waren so viele Wahlberechtigte den Urnen ferngeblieben.

Eine etwas gewagte Deutung: Im Parlament wenigstens vertrat die Fraktion der Linken die Position der Demonstranten – und auch sie hatte bei der Wahl an Stimmen verloren. An deren Adresse erklärte die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert vom Rednerpult, sie könne ohne Mühe „eine halbe Stunde lang Projekte und Institutionen aufzählen“, die mehr Geld verdient hätten und die sie gerne besser ausstatten würde.

Eine derartige Verschuldungspolitik würde aber dazu führen, dass Bremen in Berlin nicht mehr ernst genommen wird. Zudem sei es gerade die Schuldenpolitik gewesen, die Europa ins Visier von Finanzspekulanten wie Goldman Sachs gerückt und damit in die Finanzkrise gestürzt habe.

Plädoyer für die Schuldenbremse

Ein Plädoyer also für die Schuldenbremse: Im laufenden Jahr 2013 plant das Land Bremen ein Defizit von 711 Millionen Euro, im kommenden Jahr sollen es 610 Millionen sein, 2015 nur noch 524. Die mittelfristige Finanzplanung zeichnet die Kurve weiter – bis zum Nullpunkt. Der muss im Jahre 2020 erreicht sein, so schreibt es das Grundgesetz vor. In Linnerts Planspiel klafft im Jahre 2020 indes noch eine strukturelle Lücke von über 100 Millionen Euro – 100 Millionen Jahr für Jahr, die bis dahin eingespart werden müssten.

Die grüne Bürgermeisterin wird in SPD-Kreisen gehasst, weil sie darauf beharrt, dass Bremen diese zusätzliche Einsparsumme möglichst früh anvisieren sollte. Das Szenario geht dabei davon aus, dass die Zinsen so niedrig bleiben, dass die Flüchtlingsströme nicht weiter anschwellen, dass die Sozialausgaben – derzeit ein Sechstel der Staatsausgaben – nur moderat wachsen.

Vor allem aber geht die Rechnung nur auf, wenn die Ausgaben für die DemonstrantInnen, also für Löhne und Gehälter, die fast ein Drittel der Staatsausgaben ausmachen, in den Haushaltsjahren 2014 und 2015 um deutlich weniger als zwei Prozent steigen.

Röwekamp fordert Investitionen

Oppositionsführer Thomas Röwekamp (CDU) fand, das sei zu wenig „Vorsorge“ für die Tarifverhandlungen, er forderte mehr Investitionen für die Kliniken, mehr Investitionen überhaupt, mehr Geld für Ganztagsschulen. Sparen wollte er auch – die 3,2 Millionen Euro für das Stadtticket. Und „Gigalinern“ sollte nicht die Durchfahrt durch das Stadtgebiet verwehrt werden, eine „Investitionsbremse“, nannte er dieses Veto.

Das sei ein wenig dünn als Alternative, frotzelte Grünen-Fraktionschef Matthias Güldner, zumal, wenn Röwekamp gleichzeitig behaupte, der rot-grüne Senat spare zu wenig. Auf die Röwekamp-Kritik, der Bremer Senat habe kein klares Konzept, sondern steuere die Sanierungspolitik „auf Sicht“, konterte der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe, genau dies sei ja das Erfolgskonzept von Angela Merkel in der Europa-Politik.

Die CDU-Finanzsenatoren der großen Koalition hätten dagegen mit hohen Investitionen und ihren Excel-Tabellen die Staatsfinanzen „saniert“ – die Realität richtet sich bekanntlich oft nicht nach solchen Zahlenspielen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • I
    irmi

    Leider ist es hier so, das die Menschen dort erfahren müssen, was es bedeutet sparen zu müssen.

    Dann müssen die Leute ob sie wollen oder nicht sich hineinfühlen wie es den EU Ländern geht die weitaus mehr sparen müssen.

     

    Das alles ist noch längst nicht das Ende der Spartaktik, der verdammte Euro, den wollte man nicht, den braucht man nicht. Deutschland ginge es weitaus besser mit der DM. Denkt zurück, bei Einführung des Euro wurden die Gehälter und die Rentenauszahlungen halbiert, während alles andere umgetauscht wurde DM zu Euro, also war alles doppelt so teuer und oben drauf all die Steuererhöhungen, der erhöhte Soli für den Osten, die enormen Mieterhöhungen weil der Staat sich vor der Verantwortung zum Sozialwohnungsbau gedrückt hat und alles privatisiert hat somit Spekulanten und MIetpreistreiberei Tür und Tor geöffnet hat.