Haushaltsloch in Berlin: Schutzraum braucht Schutz

Das Mütterzentrum Shehrazad in Neukölln bangt wegen drohender Kürzungen im Bezirkshaushalt um seine Existenz. Grüne Politiker sagen Unterstützung zu.

Shezrazad bleibt steh auf einem Schild, dahinter Frauen mit Kindern im Arm

Die Mütter und Kinder vom Shehrazad kämpfen für ihre Einrichtung in Nord-Neukölln Foto: Michel di Moro

BERLIN taz | Ein gutes Dutzend Mütter hockt auf gelben Sitzkissen im Kreis, in ihrer Mitte krabbeln einige Kleinkinder, andere kuscheln sich in den Mama-Schoß. Routiniert stimmen die Frauen nach Anweisung von Kursleiterin Ulrike Mierau den „Mango-Song“ an, einen Evergreen in Mutter-Kind-Gruppen – sogar als Kanon läuft er rund. Kein Zweifel: Der „Musikgarten“-Kurs macht Großen wie Kleinen sichtlich Freude.

Doch ansonsten ist die Stimmung im Mütterzentrum Shehrazad in Neukölln im Keller. Seit das Bezirksamt Ende Juni eine Streichliste vorgelegt hat mit Dingen, die nicht mehr finanziert werden könnten, wenn der Senat seine Kürzungspläne durchzieht, geht in der Roseggerstraße die Angst um. Zwar hat der Senat wegen der heftigen Proteste nachgebessert und im neuen Haushaltsplan 100 Millionen Euro für die Bezirke draufgelegt. Doch angesichts eines errechneten Mehrbedarfs von 250 Millionen ist unklar, ob damit die Schließung ganzer Einrichtungen in Bezirken vom Tisch ist.

Die Mütter vom Shehrazad fürchten daher weiter um ihren Treff, das einzige bezirkseigene Familienzentrum – und das einzige mit einem komplett kostenlosen Angebot. „Viele Frauen, die hierher kommen, sind darauf angewiesen“, sagt Gisela Fahlbusch, die als alleinerziehende Mutter zweier Kinder selber regelmäßig kommt. Das Shehrazad sei für viele auch „Schutzraum“, um Problemen zu Hause für eine Weile zu entkommen. Dass hier nur Mütter beziehungsweise keine Männer zugelassen sind, habe auch den Grund, dass manche Frauen sonst gar nicht herkommen dürften, erklärt sie.

Neben einem Aufenthaltsraum mit Krabbelplatz, Kursen und Spielgruppen für bis 6-jährige Kinder bietet das Shehrazad auch Beratung in Erziehungs- und Gesundheitsfragen. Mierau, die Musik- und Bewegungskurse leitet, erklärt: „Die Mütter bekommen hier Hilfe in eigentlich allen Fragen oder werden weiter vermittelt.“ Und schon jetzt gebe es viel zu wenig solcher Angebote, ergänzt Fahlbusch, die Wartelisten für Mutter-Kind-Kurse seien endlos. „Als das Shehrazad kürzlich wegen Renovierung 2 Wochen geschlossen hatte, war das nächstgelegene Familienzen­trum überfüllt – Leute mussten sogar weggeschickt werden!“

Grüne: Protest soll sich stadtweit vernetzen

An diesem Donnerstag haben die Frauen den Grünen-Abgeordneten André Schulze und den Bezirksverordneten Tjado Stemmermann (auch Grüne) eingeladen, um sich politischer Unterstützung zu versichern. Und im Prinzip rennen sie bei den beiden offene Türen ein. „Für uns als Grüne ist ausschlaggebend, dass es keine Angebotskürzungen in den Bezirken geben darf“, erklärt Schulze. „Wenn das so ist, brauchen die Bezirke mehr Geld“, dafür werde er sich dann im Hauptausschuss einsetzen, verspricht er.

Aber noch wisse man ja nicht, ob es wirklich soweit kommt, versucht Schulze die Frauen zu beruhigen. Stemmermann ergänzt: Bis Ende August werde das Bezirksamt einen Haushaltsplan erarbeiten und der Bezirksverordnetenversammlung vorlegen. „Dann sehen wir, ob bei Einrichtungen gekürzt wird und werden verhandeln.“ Ende September soll die BVV ihren Haushalt verabschieden, aber letztendlich, so Schulze, entscheide das Abgeordnetenhaus mit dem Gesamthaushalt im Dezember auch über die Bezirke.

„Wenn es wirklich Kürzungen im Plan geben wird, vernetzen Sie sich am besten berlinweit mit anderen Einrichtungen, dann ist der Druck auf die Regierung am Größten“, rät Schulze den Frauen. Er selbst sei ja in der Opposition, da könne man bekanntlich nicht so viel machen.

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