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Haushaltsgalopp

Die CDU holt kräftig gegen Rot-Rot aus. PDS-Fraktionschef Wolf: „Die einzige Oppositionspartei waren die Grünen“

Eine Woche vor der Parlamentsentscheidung über den Landeshaushalt 2002/2003 verschärft sich der Ton zwischen Regierung und Opposition. Der Senat breche gezielt sein Versprechen eines Neuanfangs und habe in der Finanzpolitik „die Anarchie ausgerufen“, äußerte sich der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Nicolas Zimmer. Der SPD warf er vor, sich von der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu entfernen. Noch vor dem Beschluss soll sich klären, ob die Union mit Grünen und FDP gegen ein zentrales Gesetz zum Doppelhaushalt klagt. Koalition und Senat wiesen die Vorwürfe zurück. „Eine Frechheit“, sagte SPD-Fraktionsvize Iris Spranger und hielt der CDU vor, keine konstruktiven Vorschläge zu machen.

Das Abgeordnetenhaus wird am 27. und 28. Juni abschließend über den Etatentwurf diskutieren, den der Senat Mitte März beschlossen hat. Nach Abschluss der über zweimonatigen Beratungen wirft Oliver Schruoffeneger als Haushaltsexperte der Grünen-Fraktion SPD und PDS mangelnde Diskussionsbereitschaft vor. „Bei 50 Prozent unserer Kritikpunkte würde die PDS gerne mit uns gehen, tut es aber aus Koalitionsdisziplin nicht“, sagt Schruoffeneger. Er wertet das Schweigen der Regierungsfraktionen als Angst: „Die Koalition ist so unsicher, dass sie sich auf keine offenen Diskussionen einlässt.“ Die große Koalition sei kompromissbereiter gewesen.

PDS-Fraktionschef und Finanzexperte Harald Wolf räumte ein, dass man den Grünen in einigen Punkten nahe sei. Eine angebliche 50-prozentige Übereinstimmung wies er aber weit zurück. Auf die CDU-Kritik entgegnete er, von der Union sei in den Haushaltsberatungen wenig Konstruktives gekommen. „Die einzige Oppositionspartei waren die Grünen“, sagte Wolf.

Die zu erwartende Verfassungsklage betrachtete Wolf gelassen, „weil das Ergebnis nur sein könnte, dass das Gericht eine stärkere Konsolidierung des Haushalts verlangt. Und das wäre ganz in unserem Sinn.“ Wolf sah darin auch keine Schwächung Berlins in Verhandlungen über mehr Geld vom Bund. „Im Gegenteil: Das würde deutlich machen, dass wir wirklich eine Haushaltsnotlage haben.“

CDU-Experte Zimmer sprach von einem schleichenden Staatsbankrott. Die Finanzverwaltung des Senats mochte da nicht widersprechen. „Ich würde aber schleichend durch galoppierend ersetzen, wenn wir nicht die Zügel herumreißen“, sagte ihr Sprecher Claus Guggenberger.

STEFAN ALBERTI

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