Haushaltsentwurf in den USA: Auf einmal geht es doch
Das US-Repräsentantenhaus hat den Kompromiss für einen Haushalt angenommen. Nun bricht der Streit innerhalb der Republikaner offen aus.
WASHINGTON taz | 332 zu 94 Stimmen für einen Kompromissentwurf für einen Haushalt: So ging am Donnerstagabend eine Abstimmung im US-Repräsentantenhaus aus. Was anderswo eine Kurzmeldung wäre, ist in den USA nach drei Jahren haushaltspolitischer Dauerkrise, die in einer 16-tägigen partiellen Schließung der Regierung im Oktober kulminierte, eine kleine Sensation.
Falls in der kommenden Woche auch der mehrheitlich demokratische Senat zustimmt, öffnet dies den Weg zu einem Haushalt für zwei Jahre: ohne Flickwerk, das alle paar Monate erneuert werden muss, ohne politische Erpressungen und ohne „Shutdown“-Drohungen.
Die politische Spitze in Washington feierte den seltenen Moment von Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien als Erfolg. Insbesondere die RepublikanerInnen, die den extrem unpopulären „Shutdown“ vom Oktober bis zu den Halbzeitwahlen im nächsten Herbst vergessen machen möchten. Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, sieht einen „gigantischen Schritt in die richtige Richtung“.
Boehner nutzte seine Pressekonferenz, um den radikal rechten Flügel seiner Partei öffentlich zu schelten. Sagte: „Sie haben alle Glaubwürdigkeit verloren“. Und distanzierte sich in einer beachtlichen 180-Grad-Wende von dem Shutdown im Oktober, der ohne sein Zutun als „Speaker“ unmöglich gewesen wäre. „Sie haben zur finanziellen Aushöhlung von Obamacare und zum Shutdown gedrängt“, sagt Boehner nun über die Tea Party: „Das war nicht die Strategie, die ich wollte.“
Es wird die Arbeitslosen treffen
Paul Ryan, republikanischer Haushaltspolitiker im Repräsentantenhaus, und Patty Murray, demokratische Haushaltspolitikerin im Senat, handelten das Gesetz aus. Es sieht Einsparungen vor, die die sozial Schwächsten der USA treffen werden. Für 1,3 Millionen Arbeitslose und ihre Familien bedeutet es, dass ihre Arbeitslosenunterstützung wenige Tage nach Weihnachten ablaufen wird. 850.000 weitere Arbeitslose riskieren, ihre Unterstützung in den ersten drei Monaten von 2014 zu verlieren. Eine Konjunkturankurbelung ist nicht vorgesehen.
Der Gesetzentwurf beendet die vorübergehenden Sparmaßnahmen, mit denen die USA in den vergangenen Jahren die Entscheidungsunfähigkeit des Kongresses überbrückt haben. Allerdings können sie nach zwei Jahren erneut einsetzen.
Das Militär bekommt 2014 erneut richtig viel Geld: Das Repräsentantenhaus hat 633 Milliarden Dollar bewilligt. Davon 80,7 Milliarden für ausländische Militäreinsätze – unter anderem in Afghanistan, von wo die USA sich 2014 zurückziehen wollen. Der Militärhaushalt sieht vor, das Gefangenenlager Guantánamo, das Barack Obama schon 2009 schließen wollte, auch 2014 weiter zu betreiben.
Zugleich soll die Überführung von Gefangenen in Gefängnisse in den USA erleichtert werden. Die extrem teuren Programme des Pentagons, darunter das Kriegsflugzeug F-35, sollen ebenfalls weitergehen, der Gesetzentwurf verlangt lediglich, dass diese Ausgaben künftig strenger überwacht werden.
Gesundheitsreform verschwunden
Steuererhöhungen zur Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben soll es nicht geben – nicht einmal für SpitzenverdienerInnen. Die nötigen Zusatzeinnahmen zur Finanzierung des Haushalts sollen unter anderem von erhöhten Abgaben auf Flüge kommen und von höheren Eigenanteilen, die Staatsbedienste für ihre Sozialversicherung zahlen sollen. Die Gesundheitsreform, deren Schwächung die Repulikanische Partei noch im Oktober auf dem Umweg über den Haushalt betrieb, ist aus dem Gesetz verschwunden.
Ob der Haushaltsentwurf in der nächsten Woche den Senat passiert, ist offen. Zahlreiche RepublikanerInnen dort – darunter moderate und Tea-Party-Mitglieder haben bereits angekündigt, dass sie im Senat dagegen stimmen werden. Mehrere DemokratInnen erwägen ebenfalls eine Nein-Stimme.
Leser*innenkommentare
Wilfried Müller
Gast
taz.de 13,12,2013 Auf einmal geht es doch
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