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Hausbesetzung in HildesheimAngespitzte Aktivisten

In Hildesheim haben Aktivisten das Bleistifthaus besetzt. Bis Ende des Monats ist die Uni dort Mieter. Danach steht wohl die Räumung bevor.

Besetzt: Das Bleistifthaus in Hildesheim Foto: Andrea Maestro

Hildesheim taz | Die Haustür war unverschlossen. Also spazierten die rund 30 Besetzer einfach durch den Vordereingang hinein ins Bleistifthaus in Hildesheim. Das Gebäude, dessen Fassade ein meterlanger roter Bleistift zu durchbohren scheint, soll abgerissen werden und einem Parkhaus weichen, berichtete die Hildesheimer Allgemeine Zeitung. Das Bündnis Freiräume Hildesheim will das verhindern. Seit Dienstag in der vergangenen Woche ist das Gebäude zwischen Hildesheimer Finanzamt und Jobcenter besetzt.

An einem Baucontainer vor dem Haus weht eine schwarze Piratenflagge im Wind. Statt Knochen kreuzen sich darauf Buntstifte. Lisa setzt sich mit einem Becher Kaffee in den Schatten. Die 26-Jährige studiert in Hildesheim Gestaltung. „Wir haben einen Ort gesucht, an dem sich Leute frei entfalten können“, sagt sie. Ein selbstverwaltetes Zentrum fehle in Hildesheim. „Es gibt hier sehr viele Studierende, aber sie prägen das Stadtbild nicht“, sagt Lisa. Nach dem Studium zögen die meisten weg. Das Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene sei mau.

Do-it-yourself-Skateanalage im Haus

Noch stehen im Haus viele Räume leer, aber die Aktivisten machen das Bleistifthaus langsam zu ihrem. In der ehemaligen Bibliothek, einem langgezogenen Raum unter dem Dach, riecht es nach Holzspänen. In der Ecke liegen die Reste von Europaletten. Skater haben sich Rampen gebaut.

In einer kleinen Küche wird mit gespendeten Lebensmitteln gekocht. Weil der Keller mit den Duschen abgeschlossen ist, haben die Aktivisten im früheren Männerklo aus einem Schlauch, einer Brause und einem roten Planschbecken selbst eine konstruiert. Abends gibt es auf dem Dach ein Freilichtkino. Alles wird bunter, nach und nach wuchern im Inneren des Gebäudes die Graffitis wie Efeu über die Wände. „Im Moment hat hier jeder den Platz, das zu machen, was er oder sie möchte“, sagt Lisa.

Bisher sieht es so aus, als ob die Besetzer zumindest noch bis Ende des Monats bleiben können. Mieterin ist bis dahin die Uni Hildesheim. Und die hat bisher bei der Polizei keinen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt. „Von Seiten der Polizei sind deshalb erst einmal keine Maßnahmen geplant“, sagt ein Polizeisprecher.

Die Uni scheint von den Besetzern jedoch nicht begeistert zu sein. Die Institution stünde in der Tradition der „Kultur für alle“, sagt Sprecherin Isa Lange. Die Räume im Bleistifthaus etwa seien für ein künstlerisch-praktisches Projektsemester über das Jahr 1968 angemietet worden. „Es wäre eine Ironie der Geschichte, wenn durch eine illegale Hausbesetzung die Fortsetzung unseres kulturpolitischen Konzepts künftig nicht mehr möglich wäre, weil uns niemand mehr eine Immobilie vermieten würde.“

Räumt ihr uns aus diesem Haus, suchen wir das nächste aus!

Transparent am Bleistifthaus

Zudem habe der Eigentümer des Hauses, ein Wirtschaftsprüfer aus Hannover, der Uni mit Regressforderungen gedroht, „die wir natürlich als öffentliche Einrichtung gegenüber Dritten geltend machen müssen“, sagt Lange.

Der Eigentümer schweigt

Der Eigentümer wollte sich gegenüber der taz nicht zu der Besetzung äußern. Am Haus war er am vergangenen Mittwoch aber schon. Besetzerin Laura war bei dem Treffen dabei. „Er hat gesagt, dass er nicht mehr weiß, ob er ein Parkhaus bauen will“, sagt die 19-Jährige. Er mache gerade neue Pläne. Einzelheiten habe der Eigentümer aber nicht genannt. Einen Zweifel daran gelassen, dass er sie loswerden wolle, habe er nicht.

Eine gewaltsame Räumung wollen die Aktivisten vermeiden. „Aber wir bleiben so lange es möglich ist“, sagt Laura. Die Besetzung ist auch ein Signal an die Stadt Hildesheim: „Wir fordern einen anderen Raum“, sagt Lisa. Gestern nach Redaktionsschluss sollte es ein Treffen mit dem Oberbürgermeister Ingo Meyer (parteilos) geben.

Die Stadt verweist auf Nachfrage der taz darauf, dass es in Hildesheim diverse soziale Angebote gebe: Das Mehrgenerationenhaus sei zum Gemeinschaftshaus umgestaltet worden. Zudem gebe es das Kinder- und Jugendzentrum Oststadt und einen Bürgerraum, den Initiativen und Bürger unentgeltlich mieten könnten, sowie das soziokulturelle Zentrum Kulturfabrik Löseke, das von einem Verein betrieben wird.

Ungeachtet dessen seien mehr Raumkapazitäten wünschenswert, sagt Stadtsprecherin Marion Dobias. Das Bleistifthaus aber stehe nicht zur Diskussion, da es der Stadt nicht gehöre. Zudem mache ein Parkhaus an dem Standort Sinn, um Anlieger zu entlasten.

Lisa hingegen hält die Pläne für wenig zukunftsweisend. „Es muss unattraktiver werden, Auto zu fahren“, sagt sie. Die Stadt solle endlich fahrradfreundlicher werden.

Für den Fall einer Räumung haben die Besetzer schon einen Plan. Er steht auf einem Transparent an der Fassade: „Räumt ihr uns aus diesem Haus, suchen wir das nächste aus!“

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1 Kommentar

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  • Ich kann dies nicht nachvollziehen. Verstehen diese Banausen nicht, dass unsere Autos mehr Wohnraum benötigen? Schließlich sind es die einzigen Deutschen, die sich noch anständig vermehren. ;-)