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Haus für älteste Bürgerinitative

■ In Bremen-Nord wurde ein „Gemeinschaftshaus“ eröffnet

Nach 27 Jahren war es am Freitag vergangener Woche endlich soweit: Die wohl älteste Bürgerinitative in Bremen-Nord weihte ihr Spiel- und Gemeinschaftshaus ein. Das Haus bestand ehemals aus zwei Teilen, der älteste Teil war ein hölzernes Blockhaus. Die komplett renovierten Räume beinhalten jetzt eine Küche, Töpferei, und eine Werkstatt, sowie einen Gemeinschaftsraum. Ihren Spielplatz direkt vor dem Haus sollen die Kinder bis zum Sommer kaum wiedererkennen. In Eigeninitative wollen Eltern und Helfer die Spielgeräte reparieren und den Rasen neu anpflanzen. Der Mittelteil des Hauses war einmal Eigentum einer Tenever Kirchengemeinde, nach deren Auflösung übergab man 1986 den Lüssumern das Dachhaus. Jetzt verbindet es die Küche mit dem Cafe und einen Bastelraum.

Beide Komplexe waren extrem verwohnt, „wir standen vor Ruinen“, umschrieb der Architekt Helmut Rabien die Substanz der Einrichtung. 1992 wurde „noch einmal die Gunst der Stunde genutzt“ und Geld vom Bund beantragt. In Zeiten der Kürzungen von Geldern aus Stiftungen und Staat, wurde das Haus geradezu in letzter Minute fertiggestellt. Der neue Teil der Freizeitstätte, besitzt einen großen Hallenraum und ein geräumiges Cafe. Hier können Tanz- und Turnstunden stattfinden, aber auch Familien- und Vereinfeste. Das Cafe ist als Begenungsstätte für die Bewohner gedacht, endlich steht ein Raum für Gesprächskreise und Treffen zur Verfügung.

Bei der Einweihung am vergangenen Freitag erinnerte Claus Bulling, Pastor der Gemeinde Lüssum an das Jahr 1965, als alles seinen Anfang nahm. Die Eltern und ihre Kinder standen vor den immer gleichen Problemen, die besonders in den Neubaugebieten der sechziger Jahre Berühmtheit erlangten: es gab keine Spielplätze und kein Begegnungsangebote. Deshalb beschlossen die Bewohner, eine Initative zu gründen. Der heute als Verein existierende Zusammenschluß brachte die verschiedensten Leute zusammen, Vulkanesen, junge Lehrer, Beamte und die Pastoren von Lüssum und Bockhorn.

1971 entstand durch Eigenarbeit der Eltern der erste Abenteuerspielplatz, der damals „Kreativ-Spielplatz“ genannt wurde. Jeden Tag waren rund 150 Kinder zu beaufsichtigen, die Erwachsenen hatten beschlossen Aufsichten zu stellen. Für 1,20 Mark die Stunde, wechselten sich die Freiwilligen ab. Doch schon bald wich die Begeisterung großer Erschöpfung, als im Winter so gar keine Aktivitäten zustanden kamen, plante die Initative, ein Blockhaus zu bauen und einen Zivildienstleisten anzustellen. Der damalige Zivi, Siegfried Renz, ist heute Leiter der einzelnen Projekte Über eine spezielle Konstruktion ist seine Finanzierung gesichert.

Siegfried Renz machte deutlich, wie nötig eine aktive Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gerade heute ist. In diesen Hochhausgebieten „können Kinder draußen immer weniger machen, schon das absägen von Ästen ist verboten“. Seit Sommer letzten Jahres gibt es außer der Fahrradwerksatt und den Sport- und Kulturprojekten auch ein Gartenprogramm. Die Gewosie stellte dem Verein eine 3.000 qm große Fläche kostenlos zur Verfügung. Die Kinder und deren Eltern hatten, Beete und ein Teich angelegt, Bäume und Oststauden gepflanzt, für die Leute ohne Garten „eine riesen Sache“, so Claus Bulling.

Heike Binne, zuständig für die Bewohnerbeteiligung, will die Eltern wieder stärker bei einzelnen Projekten einbinden. Das Cafe soll einmal ganz in Eigenregie der Erwachsenen geführt werden. Das Problem: Während in den sechziger und siebziger Jahren noch ein hoher Anteil an Facharbeitern hier wohnte, die viel in Eigeninitative entwickelten und selbst bauten, ist jetzt der Teil der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger enorm gestiegen.

Die Leiterin der türkischen Tanz- und Folkloregruppe ist ein ermutigendes Beispiel, sie kümmert sich um die Erstellung der Trainingspläne und um Auftrittsmöglichkeiten ihrer Gruppe. „Die Leute bringen genügend eigene Ideen mit, doch sie müssen noch lernen, über den eigenen Schatten zu springen“, beschreibt Heike Binne die Situation. N.J,

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