Harter Sparkurs bei Siemens: Die „Ärmel hochkrempeln“
Siemens will in den nächsten zwei Jahren 6 Milliarden Euro einsparen. Die Kürzungen werden auf Dauer auch die 130.000 Mitarbeiter in Deutschland treffen. Die Aktie steigt.
BERLIN dpa | Mit einem unerwartet harten Sparprogramm will Siemens-Chef Peter Löscher Europas größten Elektrokonzern wieder profitabler machen: In den nächsten zwei Jahren will er die Kosten um mindestens sechs Milliarden Euro drücken. Im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr brach der Gewinn nach Steuern um 27 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro ein.
„Das erste Ziel ist nicht Stellenabbau. Aber es wird sich am Ende auf die Arbeitsplätze auswirken“, sagte Löscher am Donnerstag in Berlin zum radikalen Sparprogramm. Ungeachtet des Gewinneinbruchs sprang die Siemens-Aktie im frühen Handel um mehr als drei Prozent hoch und damit an die Dax-Spitze.
Wie viele Stellen wegfallen, ließ der Siemens-Chef offen. Wo es strukturelle Änderungen gebe und Märkte wegbrechen, seien Anpassungen unausweichlich, erklärte er bei Vorlage der Jahresbilanz. In der Medizintechnik, bei Trafowerken und bei der Fertigung von Windrädern laufen bereits kleinere Stellenkürzungen. Die 130 000 Siemens-Mitarbeiter in Deutschland sind aber per Betriebsvereinbarung weitgehend vor Entlassungen geschützt.
Im kommenden Jahr rechnet Siemens mit einem schwächeren operativen Ergebnis, weil der Umbau den Konzern zunächst einmal eine Milliarde Euro kosten wird. Außerdem werde der Umsatz eher sinken als steigen. „Wir erwarten eine abflachende Weltkonjunktur“, sagte Löscher. „Wir müssen unsere Ärmel hochkrempeln.“
Auf Augenhöhe mit der Konkurrenz
Damit Siemens bei der Profitabilität wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz kommt, will Löscher sechs Milliarden Euro einsparen und übertrifft mit diesem ehrgeizigen Ziel die Erwartungen der Börse deutlich. Die Hälfte der Einsparungen sollen aus dem Einkauf kommen. Die Verbesserung der Forschungs- und Produktionsstruktur soll eine Milliarde Euro bringen.
Als Beispiel nannte Löscher die Standardisierung der Gasturbinen-Modelle – allein das soll eine Viertelmilliarde sparen. Der Auftragseingang von Siemens fiel in seinem Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2011/2012 um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 76,9 Milliarden Euro.
Der Umsatz stieg um 7 Prozent auf 78,3 Milliarden Euro. Mit einem operativen Ergebnis von 5,2 Milliarden Euro erreichte Siemens gerade noch seine bereits gesenkte Prognose. Die Belastungen bei der Anbindung der Nordsee-Windparks stiegen um weitere 67 Millionen auf fast 600 Millionen Euro. Die bereits zum Verkauf stehende Solarsparte kostet Siemens zudem 250 Millionen.
Neu hinzu kamen jetzt noch Abschreibungen von 327 Millionen Euro auf Aufträge aus dem Iran, weil die EU ihre Sanktionen kürzlich verschärft hatte. Außerdem schlugen die Verzögerungen im finnischen Atomkraftwerk Olkiluoto im Schlussquartal mit 106 Millionen Euro negativ zu Buche.
Aufgabe unprofitabler Geschäftsfelder
Zum Sparprogramm gehört die Aufgabe unprofitabler Geschäftsfelder. Neben der Solarsparte wird auch das Geschäft mit der Abwasserreinigung aufgegeben, kündigte Löscher an. Weitere schwächelnde Bereiche sind auf dem Prüfstand. Auf der anderen Seite baut Siemens sein starkes Industriegeschäft jetzt mit dem Kauf des belgischen Softwareunternehmens LMS für 680 Millionen Euro aus.
Im laufenden Geschäftsjahr 2012/2013 erwartet Löscher ein moderates Auftragswachstum und hofft, den Umsatz annähernd halten zu können. Das Ergebnis der fortgeführten Aktivitäten dürfte aber von 5,2 Milliarden Euro weiter sinken auf 4,5 bis 5,0 Milliarden Euro. Die Dividende für die Aktionäre soll trotz des Gewinnrückgangs unverändert bei 3,00 Euro je Aktie bleiben. Damit schüttet Siemens mehr als die Hälfte seines Gewinns aus.
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