Kommentar: Hart Steuerbord
■ Warum Unzuverlässigkeit das einzig Verlässliche bei der FDP ist
Das Einzige, worauf mensch sich bei der FDP verlassen kann, ist und bleibt ihre Unzuverlässigkeit. Ein halbes Jahr lang versuchte Admiral Lange, auf dem konsequenten Kurs der Koalitionsfreiheit in den Senat zu schlingern. Mit welchen Partnern, war nebensächlich, ist doch das Regieren als solches bekanntlich die vornehmste Pflicht aller Freidemokraten.
Bei der leichtesten Brise von vorn aber legt der Kommandant das Ruder sogleich hart Steuerbord. Seine gestrige Absage an eine rot-gelb-grüne Ampel, ohnehin nur eine vage Option, ist gleichbedeutend mit der Festlegung auf eine Rechtskoalition mit CDU und Schill. Die Motive sind simpel.
Die jüngsten Umfragen verheißen den Blaugelben keineswegs mehr die sonnigen Höhen zweistelliger Ziffern, sondern eine Zitterpartie in fünfprozentigen Niederungen. Denn wer in dieser Stadt den Wechsel will, stimmt nicht für unsichere Kantonisten, sondern geht auf Nummer Sicher. Die jüngsten Zuwächse für Schill auf bis zu 15 Prozent bei gleichzeitiger Stagnation der CDU gingen zu Las-ten der FDP.
Und deshalb funkt sie SOS an rechte Wechselwähler. Hievt uns in die Bürgerschaft, sonst kommt auch ihr nicht in den Senat, lautet der Notruf vom sinkenden Schiff. Doch bleibt es zweifelhaft, ob er gehört wird.
Denn die Patt-Situation zwischen Rot-Grün sowie CDU und Schill können beide Lager noch für sich entscheiden. Aus eigener Kraft müssen es die einen ohnehin, und die anderen haben vielleicht keine Lust mehr, den Wackelpudding an die Wand zu nageln. Sven-Michael Veit
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