Hannover 96 und sein Goalgetter: Ein Mann will an der Leine bleiben
Hannover 96 gewinnt zu Hause 2:1 gegen Köln. Beide Treffer schoss Leon Andreasen, der so gut spielt, weil er nicht zum FC Fulham zurückwill - und das geht nur, wenn Hannover 96 in der Bundesliga bleibt.
Es waren zwei schöne Treffer. Die Tore von Leon Andreasen, mit denen er Hannover 96 zum 2 : 1-Heimsieg gegen den 1. FC Köln schoss, sind aber auch ein teurer Spaß. Der dänische Nationalspieler, in der Winterpause vom FC Fulham ausgeliehen, darf für eine Ablösesumme von insgesamt rund 2,5 Millionen Euro in Hannover bleiben, wenn 96 der 1. Fußball-Bundesliga erhalten bleibt. Also rennt und ackert und trifft Andreasen, damit er bloß nicht wieder auf die Insel muss. "Ich will nicht zurück. Hier in Hannover unterstützt mich der Trainer. In London nicht", sagte der unverhoffte Torjäger. Andreasen, eigentlich für die Drecksarbeit vor der Abwehr geholt, schoss 96 im Alleingang zu einem glücklichen Erfolg.
In Hannover wird weiter fleißig gerechnet, daran kann der Jubel über einen weiteren Heimsieg nichts ändern. "Der Verein wird die Saison mit einem Verlust abschließen", sagt Präsident Martin Kind, der in diesen Tagen damit beschäftigt ist, die wichtigsten Spielerverträge zu verlängern. Angesichts der Finanzsituation von 96 werden keine Reichtümer verteilt. Andreasen hat die Dinge selbst in der Hand. Andere wie Spielmacher Arnold Bruggink, der das 2 : 0 mit einem herrlichen Pass vorbereitete, müssen sich in Geduld üben. "Ich würde gerne in Hannover bleiben. Aber es muss auch das Gefühl da sein, dass man mich hier wirklich haben will", sagte der Holländer. Die Ungeduld im Kreise derjenigen, die einen neuen Arbeitsvertrag aushandeln wollen, wächst. 96-Chef Kind mag aber angesichts von 32 Zählern und der Tatsache, dass man jetzt nach Punkten mit den Kölnern gleichgezogen hat, noch nicht vom Klassenerhalt reden. "Das wird noch bis zum Schluss offen bleiben." Also bleibt auch noch vieles andere offen - etwa die Verpflichtung eines neuen Sportdirektors.
Es liegt an den Spielern selbst, dass 96 in dieser Saison nicht frei von Existenzängsten aufspielen kann. Auswärts gelangen in 14 Versuchen gerade einmal zwei klägliche Unentschieden. Und im Heimspiel gegen die Kölner, als es nach den Treffern von Andreasen (19. / 32. Minute) einen geruhsamen Nachmittag zu geben schien, kam die daheim sonst so souverän auftretende Mannschaft noch in Not. Dem Kölner Anschlusstreffer von Milovoje Novakovic (47.) folgte eine wirre Vorstellung. "Die 1. Halbzeit war ordentlich. In der 2. Halbzeit haben wir völlig den Faden verloren", meinte der starke Verteidiger Christian Schulz, der von der VIP-Tribüne aus wie Torhüter Robert Enke von Bundestrainer Joachim Löw beobachtet wurde. Kapitän Enke musste sogar noch einen Schuss von Wilfried Sanou an den Pfosten lenken, ehe vor 47.208 Zuschauern ein weiterer Sieg bejubelt werden konnte.
Was Hannover 96 und der 1. FC Köln in dieser Saison bieten, ist Abstiegskampf für Fortgeschrittene. Beide Teams sind zu schlecht für das obere Drittel der Tabelle. Um den Gang in die 2. Liga abzuwehren, sind sie aber gerade noch gut genug. FC-Trainer Christoph Daum hatte seine zuletzt schwache Mannschaft in ein Trainingslager mit gemeinsamem Chorsingen gebeten, um für den Auftritt in Hannover gerüstet zu sein. Geholfen hat es nicht. "Jeder bei uns muss nachdenken, was er in der 1. Halbzeit getan hat", sagte Kölns Torjäger Novakovic. Sie hatten Andreasen und 96 mit ihrer Harmlosigkeit den Weg zu einem wichtigen Sieg geebnet.
"Damit ist eine sehr unglückliche Saison hoffentlich glimpflich zu Ende gegangen", meinte Hannovers Verteidiger Schulz. Wenn Hannover um die Abstiegsrelegation herumkommt, könnten er und Schlussmann Enke an der gleichzeitigen Asien-Reise der Nationalmannschaft teilnehmen. Enke hat bereits angekündigt, sich dort als Deutschlands Nummer 1 etablieren zu wollen. Schulz äußerte sich ein wenig defensiver: "Ich habe zumindest noch keinen Urlaub für diese Zeit gebucht", sagte der Nationalspieler in spe und grinste zufrieden.
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