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Handydaten-AffärePolizei befindet sich im Funkloch

Umfangreiche Abfrage Tausender Handydaten ist eher die Regel als die Ausnahme. Justizsprecher verteidigt Vorgehen bei der Fahndung nach Autobrandstiftern. Die Polizei schweigt

Wer telefoniert, kann von der Polizei erwischt werden Bild: ap

Nicht nur einmal - immer wieder hat die Polizei im Zusammenhang mit Autobrandstiftungen die Handydaten von Tausenden Berlinern überprüft. Es handle sich um eine Maßnahme der Strafprozessordnung, die bei gemeingefährlichen Straftaten zulässig sei, verteidigte Justizsprecher Martin Steltner das Vorgehen. Es sei von richterlichen Beschlüssen gedeckt. Der Grünen-Bundestagabgeordnete Hans-Christian Ströbele bezweifelte jedoch die Rechtmäßigkeit. Der Justiziar der Bundestagsfraktion der Linken, der Abgeordnete Wolfgang Neskovic, forderte am Freitag, die sogenannte Funkzellenabfrage abzuschaffen (siehe Kasten).

Nach Dresden, wo die Polizei 2011 nach Anti-Nazi-Protesten Hunderttausende Datensätze abgefragt hatte, hat nun Berlin einen Handyskandal. Aufgedeckt hat ihn André Meister, Mitarbeiter des Blogs Netzpolitik.org. Meister war ein Schreiben der Staatsanwaltschaft zugespielt worden, aus dem hervorgeht, dass die Polizei am 24. Oktober 2009 nach einem Autobrand in der Rigaer Straße in Friedrichshain einen richterlichen Beschluss zur Funkzellenabfrage eingeholt hatte. Vier Mobilfunkbetreiber wurden darin aufgefordert, alle Verbindungsdaten zu ein- und ausgehenden Gesprächen zu übermitteln, die am 24. Oktober über die 13 Funkzellen in der Rigaer Straße und Umgebung geführt worden waren. Eingegrenzt wurde der Zeitraum auf 3.45 bis 5 Uhr.

Wie viele Bürger von der Funkzellenabfrage betroffen waren, ist nicht bekannt. "Wir haben von der Polizei dazu keine Antwort bekommen. In dem Gebiet leben Tausende Menschen. Es können Zehntausende Verkehrsdaten sein, müssen es aber nicht", sagte Meister. Auch die Anfragen der taz wurden von der Polizei nicht beantwortet. Das Ermittlungsverfahren gegen unbekannt, mit dem die Maßnahme seinerzeit begründet worden war, ist längst eingestellt. Laut Strafprozessordnung hätten die Betoffenen, deren Daten gerastert wurden, spätestens dann über die erfolgte Maßnahme informiert werden müssen, sagte Ströbele. Geschehen ist das allerdings nicht. "Ich kenne bisher keinen Fall, bei dem die betroffenen Personen nachträglich darüber informiert worden sind", sagte Meister.

In Fachkreisen ist laut Meister bekannt, dass das Instrument der Funkzellenabfrage zum Standardkoffer der Ermittlungstaktiken gehört. Die Bürger würden immer damit beschwichtigt, dass die Datenerhebung vollkommen harmlos sei. "Das Brisante: Es gibt eine Unschuldsvermutung. Mit wem ich telefoniere und wo ich dabei bin, geht niemanden etwas an - solange ich nicht ein konkreter Verdächtiger einer konkreten Straftat bin."

Die Vermutung, dass die Polizei die Handydaten von x-beliebigen Berlinern auch in anderen Fällen, wenn in der Stadt Autos brennen, von den Mobilfunkbetreibern einholt, hat nun der Justizsprecher bestätigt. "Ich verstehe die Aufregung nicht", sagte Steltner. Es gehe nicht darum, Verbindungsdaten oder Telefoninhalte zu kontrollieren, sondern lediglich um das Wissen, welches Handy zur Tatzeit in der Funkzelle gewesen sei. Daraus könnten sich Rückschlüsse ergeben, ob und, wenn ja, welche Nummern auch bei anderen Taten wiederauftauchten. "Erst dann wird sich zeigen, welche Anschlussinitiatven daraus folgen." Dazu Meister: "Bin ich verdächtig, wenn ich in einem Gebiet wohne, wo schon dreimal ein Auto angezündet worden ist?"

Am Montag wird sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem Thema beschäftigten. Auch der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix ist zu der Sitzung geladen. Auch die Polizei will sich am Montag äußern.

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4 Kommentare

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  • A
    Ansgar

    Wenn es, wie Justizsprecher Steltner behauptet, gar nicht darum gehe, Verbindungsdaten oder Telefoninhalte zu kontrollieren, stellt sich die Frage, warum die Staatsanwaltschaft aber im besagten Fall die Erhebung und Ermittlung von genau solchen Verbindungsdaten beantragt hat. In dem Schreiben der Staatsanwaltschaft, das auf netzpolitik.org verlinkt ist, möchte die Polizei ausdrücklich die "Erfassung und Übermittlung sämtlicher Verkehrs- und Verbindungsdaten zu ein- und ausgehenden Gesprächen" vom Gericht abgesegnet bekommen. Und hat sie auch bekommen, wie die Stempel vom Amtsgericht beweisen.

     

    Offenbar lügt der Sprecher des Justizsenats, Herr Steltner die Menschen an.

  • M
    maoam

    @Ekaterina,

     

    na dann, 'raus mit deinen DAten. Warum benutzt du nicht deinen echten Namen? Hast doch nichts zu verbergen, oder?

     

    Dann kannst du ja auch kund tun, wie viel du im Monat vedienst.

     

    Mit wem lebst du eigentlich in einer Beziehung? ;-)

  • E
    Ekaterina

    Ich finde das wird jetzt alles etwas aufgebauscht. Ich glaube kaum das es die Mehrheit stört wenn solche Daten ausgewertet werden. Vielleicht sollte man hier mal eine Volksabstimmung zu dem Thema starten. Immerhin geht es um unsere Eigentum welches mutwillig zerstört wird. Das muss mit allen Mitteln verhindert werden, notfalls auch mit Handyüberwachung.

  • T
    tageslicht

    Autobrandstifterei ist sicherlich ärgerlich, selten politisch und nie produktiv, aber ganz sicher nicht gemeingefährlich.

     

    Gemeingefährlich sind Schläger, die sich zu fünft auf hilflose Passanten, gern auch Rentner stürzen. Würde mich wundern, wenn die Polizei auch bei diesen Delikten einen ähnlichen Ermittlungseifer an den Tag legt. Aber es ist ja nichts Neues, dass in diesem //Ironie an// wunderbaren Staat //Ironie aus// Privateigentum besser geschützt wird als das Recht auf Leben & körperliche Unversehrtheit.