Handwerker in Katar: Die kühle Rast im Land der Hitze
Es hat geklopft in der Klimaanlage. Prompt rückt ein Trupp Handwerker an und kümmert sich um das Problem.
D ie höfliche Bitte, sich doch mal kurz das Klopfen der Klimaanlage anzuschauen, setzt einen Mechanismus in Gang, der unser Apartment augenblicklich zu einer Baustelle macht. Plötzlich, so etwa fünf Stunden nach unserer Frage an der Rezeption, stehen sieben, acht Männer in Blaumännern vor der Tür. „Cool Rest“ steht auf den Overalls. Sie sind das Klimaanlagen-Einsatzkommando, und ich bin mir zunächst nicht sicher, ob sie wissen, was sie tun. Angeführt von einem älteren Schnauzbart aus Bangladesch, tragen sie eine große Pappkiste herein, in der sich offensichtlich ein neues Gebläse befindet – gedacht für das Zimmer des Mitbewohners, bei dem aber alles in Ordnung ist. Oder doch nicht? Gibt es da komplexe Zusammenhänge im Klima-Universum?
Es wird gebohrt, gehämmert, Schläuche und Kupferleitungen werden hereingetragen, man geht geschäftig aus und ein. Das Housekeeping schaut auch immer mal wieder vorbei. Dann piept es infernalisch, und aus den versprochenen zwanzig Minuten Krisenintervention werden über zwei Stunden. Das Piepen hört nach zehn Minuten auf, was den Konsum des Fußballspiels, das gerade im Fernseher läuft, erheblich erleichtert. Ich schaue nicht allein. Asif hat sich zu mir gesellt, ein Bangladescher, der sich als Fan der Argentinier outet. Am Abend wird er noch zur Fanzone fahren, um das Spiel der Albiceleste mit ein paar Freunden anzusehen. Er ist der Einzige in zivil, und wenn ich das richtig verstehe, so etwas wie eine Hilfskraft.
Asif ist seit zehn Jahren in Katar, mit 17 ist er in die Wüste gekommen, doch an die Hitze hat er sich noch immer nicht gewöhnt. „Im Sommer ist es unerträglich“, sagt er. „Ja, und der fehlende Regen“, ergänze ich. In diesem Jahr habe es an einem einzigen Tag geregnet, berichtet Asif, „so für zwei Stunden“. Immerhin, denke ich, und frage ihn, wann er denn zurück gehe in sein Heimatland, die Familie vermisse ihn bestimmt. Das wisse er nicht. „Wenn ein Problem gelöst ist, fängt schon das nächste an. Sie brauchen mein Geld.“ Viel ist es nicht. 1.200 Riyal verdient Asif, 316 Euro. Eine lächerliche Summe, die den superreichen Katarern die Schamröte ins Gesicht treiben sollte.
Asif schwärmt dann noch ein bisschen von Michael Ballack und Miroslav Klose, die Auftritte des aktuellen Teams haben ihm nicht so gut gefallen. Dann wird er vom Schnauzbart wieder in Beschlag genommen. Und siehe da: Am Ende ist das Klackern weg. „Cool Rest“ hat es gewuppt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu