Ikone Katars: Die sichtbarste Frau im Emirat
Um den Vorwurf der Rückständigkeit Katars zu bekämpfen, ist die dritte Frau des früheren Emirs sehr aktiv.
Bildungschancen zu verlieren, bedeutet, die Zukunft zu verlieren“, sagt Scheikha Muza bint Nasser al-Missned. Es ist einer ihrer Lieblingssätze. Neulich hat sie ihn wieder dem US-Sender CNBC gesagt. Sie wurde von den Amis prächtig in Szene gesetzt. Muzas kupfersulfatblaues Kostüm leuchtete förmlich. Unter dem blauen Tuch, das sie sich um den Kopf drapiert hatte, lugte der Haaransatz hervor – ganz normal bei Ihrer Hoheit, die Konventionen freier interpretiert und frischen Wind unter die Abbayas bläst, die schwarzen Gewänder der katarischen Frauen.
Die Scheikha, dritte Frau des früheren Emirs von Katar, Hamad Al-Thani, gilt als Stilikone im Wüstenfleck Katar. Ihre Kleider sind bunt, zumeist Pariser Haute Couture, gewagt in den Augen der Traditionalisten, die ihre Auftritte skeptisch beäugen. In diesen misogynen Kreisen wird sie gern als machthungrige Manipulatorin schwacher Männer dargestellt, heißt es.
Muza ficht das nicht an. Als Bildungsbotschafterin von Katar und der UNO tourt sie um die Welt, hält Reden, nimmt hier und da Ehrendoktorwürden entgegen. Und dann ist da noch ihr Instagram-Account, auf dem sie 930.000 Follower beglücken muss. Man sieht die 63-Jährige, die glatt zehn Jahre jünger wirkt, in einem WM-Stadion, an der Seite von Studenten und ihres Mannes, dem nachgesagt wird, an Diabetes zu leiden und auch deswegen die Regierungsgeschäfte freiwillig an Sohn Tamim abgetreten zu haben. Beide haben fünf Söhne und zwei Töchter. Sheika Muza entstammt einem Clan, der sich zunächst mit den al-Thanis im Clinch befand. Ihr Vater, Nasser bin Abdullah al-Missned, wurde in den 60er Jahren inhaftiert wegen unliebsamer politischer Umtriebe. Er floh ins Exil nach Kuwait. Erst die Heirat seiner Tochter Muza mit einem al-Thani führte zur Rückkehr nach Katar.
Dort ist sie die sichtbarste Frau des Landes. Sie gilt als Mitbegründerin der 1995 ins Leben gerufenen Qatar Foundation for Education, als Promotorin der katarischen Bildungsoffensive. Auf einem Campus in Education City bieten acht Unis Kurse an, darunter Ableger der Georgetown Uni, der Carnegie Mellon, von Northwestern oder Texas A & M. Fast 11.000 Studenten tummeln sich da, und wer als Katarer nicht in Doha bleiben will, geht nach Europa oder in die USA. So hat Katar den höchsten Bildungsstand in der arabischen Welt erreicht. Es bleibt Sheikha Muza freilich noch viel zu tun: Als Chefin der Arab Democracy Foundation scheint sie noch nichts erreicht zu haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!