Handelsstreit zwischen EU und USA: „Trump greift an“
Die EU sollte die US-Exportbeschränkungen akzeptieren, sagt Sabine Stephan von der Hans-Böckler-Stiftung. Lange werde Trump seine Politik ohnehin nicht durchhalten.
taz: Frau Stephan, Ende dieser Woche treten eventuell die höheren US-Zölle auf Stahl und Aluminium aus der EU in Kraft. Die bundesdeutsche Industrie würden sie wohl einige Hundert Millionen Euro jährlich kosten – wenige Prozent des Exportvolumens. Wäre das überhaupt ein Drama?
Sabine Stephan: Nein, die Abhängigkeit bundesdeutscher Stahl- und Aluminiumhersteller vom US-Markt ist gering.
Selbst die Zölle, die US-Präsident Donald Trump hiesigen Autokonzernen androht, würden nur Einbußen von etwa 5 Milliarden Euro jährlich verursachen – wenig im Vergleich zum bundesdeutschen Exportvolumen von 1.300 Milliarden.
Gesamtwirtschaftlich macht das tatsächlich nur eine vergleichsweise niedrige Summe aus. Für Volkswagen, Daimler und BMW fällt der US-Export jedoch stark ins Gewicht. Die deutsche Politik reagiert aber auch deshalb so alarmiert, weil Trump das hiesige Geschäftsmodell insgesamt angreift. Wir erwirtschaften unser Wachstum zum guten Teil mit Ausfuhren von Maschinen, Fahrzeugen und Chemieprodukten.
Sie raten, die europäischen Exporte in die USA für die nächsten Jahre auf einem etwas niedrigeren Niveau festzuschreiben. Wäre den US-Interessen damit gedient?
Ich habe gelernt, dass Donald Trump umsetzt, was er sagt. Deswegen sollten wir die Äußerung seines Wirtschaftsberaters Peter Navarro ernst nehmen, dass alle Handelspartner mengenmäßige Beschränkungen ihrer Exporte in die USA akzeptieren müssten. Die EU könnte nun versuchen, die am wenigsten schädliche Variante zu erreichen. Dabei mag uns eine Erfahrung aus der Regierungszeit von US-Präsident George W. Bush im Jahr 2002 zugutekommen.
Und zwar?
Damals verhängte die US-Regierung Importzölle auf spezifische Stahlerzeugnisse, räumte aber einigen Staaten zollfreie Importkontingente ein. Die Zölle sorgten dafür, dass die Stahlpreise in den USA stiegen. Davon profitierten die ausländischen Stahlhersteller, die von den Zöllen ausgenommen waren. Sie verkauften zwar eine geringere Menge in die USA, erzielten für diese aber einen höheren Preis, sodass ihre finanziellen Einbußen per Saldo begrenzt blieben.
geb. 1967, ist Referentin für Ökonometrie am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf.
Sie gehen davon aus, dass Trump seine Politik, Importe in die USA zu erschweren, nicht lange durchhält. Wieso?
Weil Zölle und Importbeschränkungen den US-Stahl- und Aluminium-Produzenten nutzen, wichtigen anderen Branchen aber schaden. Die amerikanische Auto-, Maschinenbau- und Bauindustrie zahlen dann mehr für die Träger und Bleche, die sie brauchen. Präsident Bush beendete das Experiment nach zwei Jahren. Die Zeit läuft für die EU.
Kritisiert Trump die hohen Exportzahlen aus Deutschland in die USA zu Recht?
Einerseits nein. Deutsche Autos sind in den USA einfach beliebter als US-Fahrzeuge hierzulande. Das muss nichts mit unfairen Handelspraktiken zu tun haben. Andererseits sollten wir uns eingestehen, dass der deutsche Exportüberschuss potenziell auch für die einheimische Wirtschaft gefährlich ist. Krisen in anderen Weltregionen können dieses Geschäftsmodell schnell und stark beeinträchtigen. Deswegen liegt es im eigenen Interesse, dass die deutsche Wirtschaft ausgewogener wächst.
Ist die Leistungsbilanz zwischen den USA und Europa wirklich so ungleich?
Nein, sie ist ausgeglichen. Das liegt zu einem großen Teil an den enormen Unternehmensgewinnen der Internetkonzerne. Diese transferieren ihre im Ausland erwirtschafteten und kaum besteuerten Gewinne zum großen Teil zurück in die USA.
Handelt es sich bei Trumps Politik also um schlichten nationalökonomischen Egoismus, dem die Europäer eigentlich ebenso begegnen sollten?
Betrachtet man die Leistungsbilanz, gibt es keinen Grund, der EU mit Strafzöllen zu drohen. Aber der US-Präsident zieht die Argumente heran, die ihm in den Kram passen.
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