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Handelsstreit mit ChinaLass mich in deinen Markt rein!

Deutschland und China beschuldigen sich gegenseitig des Protektionismus. Bei Angela Merkels Besuch in Peking könnte es deshalb zu Streit kommen.

Investoren aus China: Übernahmen deutscher Technologie-Unternehmen stehen in der Kritik Foto: dpa

Peking taz | Eigentlich müssten China und Deutschland an einem Strang ziehen. Denn US-Präsident Donald Trump attackiert nicht nur die Chinesen für ihren exorbitant hohen Handelsüberschuss mit den Vereinigten Staaten. Auch die Deutschen stehen für ihre Überschüsse am Pranger.

Mit umgerechnet 287 Milliarden Dollar fiel der deutsche Überschuss im vergangenen Jahr sogar mehr als doppelt so hoch aus wie der von China mit 135 Milliarden Dollar. Doch Berlin und Peking sind sich trotzdem nicht grün. Im Gegenteil: Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in die chinesische Hauptstadt kommt, könnte es zu einem handfesten Streit kommen. Der Grund: In Deutschland wächst die Sorge, dass China gezielt deutsche Schlüsseltechnologien aufkauft.

In einer am Dienstag veröffentlichten Untersuchung kommt die Bertelsmann-Stiftung zu dem Ergebnis, chinesische Investoren würden gezielt deutsche Technologiefirmen aufkaufen, die in die Strategie der chinesischen Führung „Made in China 2025“ passen. Dieser Regierungsplan sieht vor, in zehn Schlüsselbranchen zur Weltspitze aufzusteigen. Dazu gehören unter anderem: E-Autos, Energiesysteme, Robotik und Biomedizin.

Die Studie hat sämtliche 175 chinesischen Übernahmen oder Beteiligungen an deutschen Firmen zwischen 2014 bis 2017 untersucht. Zwei Drittel der Beteiligungen wurden demnach genau in diesen zehn Schlüsselbranchen getätigt. Für besonders problematisch hält Studien­autorin Cora Jungbluth, dass Investoren aus der Volksrepublik in Europa freier Marktzugang geboten wird. China hin­gegen würde strategische Industrien bewusst vor ausländischem Zugriff schützen. Auch 17 Jahre nach Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation gebe es noch immer „keine Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe“, kritisiert Jungbluth.

Keine Beziehungen auf Augenhöhe

Cora Jungbluth

Der Bundesregierung ist das Problem bewusst. Merkel will Regierungskreisen zufolge am Donnerstag in Peking genau dieses Missverhältnis ansprechen und auf den Abschluss eines bilateralen Investitionsabkommens drängen, das zwischen der EU und China seit 2014 verhandelt wird. Doch das reicht nach Ansicht von China-Expertin Jungbluth nicht aus. Sie fordert, dass die Regierung bei sicherheitsrelevanten Sektoren mit einem Prüfverfahren schon bei Anteilskäufen von 10 Prozent eingreifen kann – statt wie aktuell erst ab 25 Prozent.

Vor allem die Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka sowie der Kauf von Anteilen an Daimler und der Deutschen Bank hatten zuletzt für Aufsehen gesorgt. Offiziell erfolgte der Kauf durch chinesische Privatunternehmen. Es gibt jedoch Hinweise, dass die chinesische Regierung Unterstützung leistete.

Wenn staatlicher Einfluss den Wettbewerb verzerre, sollten die Europäer mit einer Stimme einschreiten, fordert Jungbluth. Chinas Botschafter Shi Mingde hingegen wirft Deutschland „eine protektionistische Tendenz“ vor. „China öffnet sich weiter, aber wir haben die Sorge, dass sich das bereits geöffnete Tor Deutschland wieder verschließt“, sagte er der Stuttgarter Zeitung. Immerhin: Als ein Zeichen des Entgegenkommens hat die chinesische Führung in Peking am Dienstag angekündigt, die Zölle für importierte Autos vom 1. Juli an von 25 Prozent auf 15 Prozent zu senken. Das dürfte vor allem die deutschen Autobauer freuen, für die China der wichtigste Markt der Welt ist.

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5 Kommentare

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  • Von "Mao" zu Merkel.

     

    Oder: Vom westdeutschen "Maoismus" zum deutsch-chinesischen Merkelismus.

     

    Kapitalismus und Imperialismus: Von Deutschlands Finanz und Monopolbourgeoisie lernen, heißt auch für Chinas Bourgeois-"Sozialismus chinesischer Prägung" siegen lernen!

     

    Fakten der ökonomischen Zusammenarbeit:

     

    • Deutschland ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Chinas in Europa. Umgekehrt ist China wirtschaftliches Partnerland Nummer eins für Deutschland in Asien.

     

    • Das bilaterale Handelsvolumen lag 2016 bei knapp 170 Mrd. Euro. Dabei entfielen 76 Mrd. Euro auf deutsche Exporte nach China und knapp 94 Mrd. Euro auf chinesische Exporte nach Deutschland. Damit ist China – noch vor Frankreich und den USA – Deutschlands wichtigster Handelspartner.

     

    • Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in China betrug im Jahr 2015 69,5 Mrd. Euro. Der Bestand der chinesischen Direktinvestitionen hat sich seit 2004 versechsfacht und lag Ende 2015 bei 2,2 Mrd. Euro.

     

    • In allen wichtigen Wirtschafts- und Industriebereichen bestehen enge Beziehungen zwischen Deutschland und China. Auch die Kooperation in Wissenschaft und Bildung und hier vor allem bei der Ausbildung von Fachkräften gehört zu den Schwerpunkten der Zusammenarbeit.

     

    • Im Fokus einer 2015 beschlossenen "Made in China 2025"-Strategie stehen zehn Industrien, unter anderem die Luft- und Raumfahrt, Hochgeschwindigkeitszüge, Elektromobilität und der Ausbau der Stromnetze. In allen Sektoren ist die deutsche Wirtschaft stark vertreten.

     

    • Die Wirtschaftsabteilung der Deutschen Botschaft Beijing bearbeitet circa 800 bis 1000 Einzelanfragen aus der Wirtschaft und betreut rund 40 deutsche Delegationen in China pro Jahr. Rund 60 Messen werden pro Jahr mit finanzieller Beteiligung der deutschen Regierung durchgeführt und unterstützt.

     

    Siehe: Trend Online-Zeitung: Hintergründe & Gegenstandpunkte. Herausgegeben vom Arbeitskreis Kapitalismus aufheben (AKKA). 5-6, 2018. Deutsch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen. Fakten {...}

  • Zweifellos strebt China zur Steigerung der eigenen Produktivkräfte danach, vom hochentwickelten Deutschland zu lernen. Deshalb fürchtet das Estabishment um seine uneingeschränkte Vormachtstellung und die Medien verbreiten das Bild vom raffgierigen China.

     

    Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Deutschland investiert seit 30 Jahren in China, bisher insgesamt 80 Milliarden Euro. China dagegen hat erst vor fünf Jahren begonnen, in Deutschland zu investieren. Weil die VR von null anfängt, sind die Wachstumsraten groß, aber in Summe machen chinesische Investitionen nur ein Zehntel des deutschen Kapitaleinsatzes in China aus.

     

    Lediglich 0,3 Prozent aller Auslandsinvestitionen in Deutschland kommen aus China. Stellen diese Zahlen eine Bedrohung dar?

     

    Die Politik der Öffnung und Reform ist für China ein Erfolgsmodell und es wird daran festhalten, aber dass Deutschland oder die EU das Tempo bestimmen darf bezweifelt werden.

     

    In der E-Auto-Branche können ausländische Firmen ohne chinesische Beteiligung tätig werde. Eben weil China voll auf E-Mobilität setzt. E-Autos gehören inzwischen in Chinas Städten zum Straßenbild.

  • Chinas "Kaufrausch" von Know-How wird für den gesamten Westen zum Boomerang.

    China mit dem "Staatskommunismus" wird uns auf Dauer abhängen.

     

    Vorallem was die totale Kontrolle der"Untertanen" betrifft.

     

    Facebook und Google sind da Waisenknaben - oder einfach nur subtiler?

    http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/selbstversuch-ueberwachung-soll-fuer-sicherheit-sorgen/22510404-2.html

     

    Was hätte Marx und Engels da wohl zu gesagt?

    • @Justin Teim:

      Wohl erkannt. Man sollte sich eher mit Trump zusammen gegen China stellen und auf eine Abstellung dieser Zwangskooperationen mit chinesischen Unternehmen drängen.

       

      Alle Medien haten gegen Trump, während er vollkommen richtig darin liegt, dass China die Regeln noch nie eingehalten hat.

      Die Maßnahmen die die USA zuletzt beschlossen haben, waren weit weniger extrem als das was China schon die letzten 40 Jahre veranstaltet hat.

      Bei uns wird immer so getan als ob Trump verrückt ist und den Westen untergräbt. Tut er nicht. Er schafft lediglich faire Verhältnisse bezogen auf einen anderen protektionistischen Markt.

      Die EU sollte sich mit den Amerikanern zusammensetzten und sehen, wie man den Druck auf China erhöhen kann.

       

      Freier Handel funktioniert nur, wenn er wirklich frei ist.

      • @EinfachIch:

        Sie sollten sich mit dem "freien Handel" in China ernsthaft beschäftigen. Mehr als 80 Prozent der chinesischen Wertschöpfung kommt aus privaten Unternehmen! Das ist deutlich mehr als in den meisten europäischen Staaten!

         

        Mehr als 5.000 private bundesdeutsche Unternehmen machen heute in China ihre Geschäfte! Mehr als 500. der größten Wirtschaftsmonopole befinden sich mit Niederlassungen und Produktionsstandorten bereits in China! Die größten deutschen Konzerne produzieren in China! [- unter anderem "Siemens" und Krupp (heute ThyssenKrupp) bereits seit dem 19. Jahrhundert.]

         

        Die Hanns-Seidel-Stiftung (der CSU) arbeitet seit 40. Jahren recht erfolgreich in China, so auch bei der Berufsausbildung von chinesischen Facharbeiter*innen!