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Handball-Bundesliga der MännerHannovers Handballer heben immer weiter ab

Die TSV Hannover-Burgdorf spielen diese Saison um die Meisterschaft mit. Nicht mit viel Geld, sondern mit Vertrauen in junge Talente hat das geklappt.

Zehn Tore machte er am Freitag gegen die Rhein-Neckar Löwen: Hannovers Kreisläufer Justus Fischer Foto: Jan Guenther/dpa

Hannover taz | Und dann war auch noch der letzte Treffer des Abends von einer richtig starken Szene begleitet: Marius Steinhauser und Justus Fischer rannten in hohem Tempo auf das gegnerische Tor zu. Anstatt sich unterwegs zu streiten, wer von ihnen den Ball fangen und zum 35:30-Endstand gegen die Rhein-Necker Löwen verwandeln darf, ließ der Kreisläufer Fischer dem Außenspieler Steinhauser lächelnd den Vortritt.

Was auch immer die Handballprofis der TSV Hannover-Burgdorf derzeit anstellen: Es gelingt ihnen und hat eine herrliche Leichtigkeit. „Wir sind eine junge Truppe und wissen um unsere Chance“, sagt Teamkapitän Steinhauser über eine Mannschaft, die sich in der oberen Tabellenregion der Bundesliga etabliert hat, aktuell sogar um die Meisterschaft mitspielt – und in Hannover mehr als salonfähig geworden ist.

Die Erfolgsgeschichte dieses Vereins, dessen Ursprung im Umland von Hannover in der Kleinstadt Burgdorf liegt, hat Hand und Fuß. Der frühere Regionalligist TSV Burgdorf hat sich Stück für Stück dem Profisport angenähert. Dem Umzug in eine mittelgroße Halle in Hannover folgte Schritt für Schritt die nächste große Bühne. Mittlerweile füllt der Verein sogar die riesige ZAG-Arena auf dem ehemaligen Expo-Gelände.

„Was ist das für eine fantastische Mannschaft?“, brüllte der Hallensprecher in der Schlussphase des Heimspiels gegen die Rhein-Necker Löwen am Freitagabend. Und die Mehrheit der 9.900 Zuschauer in der ausverkauften Halle erhob sich von den Sitzplätzen, um große Zufriedenheit zum Ausdruck zu bringen.

Große Talente aus dem eigenen Nachwuchs

Eigentlich zählen Vereine wie die Rhein-Necker Löwen oder der THW Kiel, bei dem die TSV Hannover-Burgdorf an diesem Mittwoch zu Gast ist, zur Elite der höchsten deutschen Spielklasse. Aber die aktuelle Mannschaft der Niedersachsen hat etwas, das Anlass zur Hoffnung auf ganz große Taten gibt. „Ich freue mich über unseren Hunger. Aber wir werden nicht abheben“, meint Christian Prokop, der einen erheblichen Anteil am Aufschwung der Mannschaft hat.

Der frühere Bundestrainer ist seit 2021 Chefcoach der TSV Hannover-Burgdorf. Ihm steht ein Spielerkader zur Verfügung, der die Stärken internationaler Routiniers mit dem Mut der nachrückenden Generation vereint. Mit Renars Uscins hat Prokop eines der größten deutschen Talente zum Stammspieler im Verein und zum Hoffnungsträger der Nationalmannschaft geformt.

Gleiches gilt für den hünenhaften Justus Fischer, der mit zehn Toren am Heimsieg gegen die Rhein-Necker Löwen beteiligt war. „Ich wünsche mir, dass die Jungs mit Mut und Lust weiterspielen und sich nicht viele Gedanken machen“, sagt Prokop über seine herausragenden Talente im Team.

Der Weg, den die jungen deutschen Spieler und der Verein gemeinsam einschlagen, ist vorbildlich. Justus Fischer zum Beispiel hat sich über die beiden regionalen Stadtteilvereine HSC Hannover und TSV Anderten bis zur TSV Burgdorf vorgearbeitet. Der mittlerweile 21-Jährige ist innerhalb kürzester Zeit vom Talent zum gestandenen Profi aufgestiegen. „Es ist einfach ein schönes Gefühl. Aber wir sind uns bewusst, dass wir ziemlich am Maximum spielen“, sagt Fischer über den aktuellen Höhenflug. Der Kreisläufer gehört zu den Helden und Identifikationsfiguren eines Vereins, dessen Heimspiele in Hannover inzwischen Eventcharakter haben.

Volle Halle in Hannover

Wie in der Branche Profisport üblich, hat sich der Verein mit dem Zusatz „Die Recken“ geschmückt, um sich besser vermarkten zu können. Vor und nach den Heimspielen tritt mit „Hektor“ ein Maskottchen in Erscheinung, das vor allem die jüngeren Zuschauer beglückt. Die hüpfende klatschende Pferdegestalt in Rittermontur muss man nicht mögen. Aber es gehört zur gelungenen Inszenierung der „Recken“-Heimspiele nun einmal dazu, die vielen Familien auf den Zuschauerrängen nicht nur mit gutem Sport zu bespaßen.

Das Schöne an der TSV Hannover-Burgdorf beziehungsweise den „Recken“ bleibt: Sie sind nicht mit Gewalt, Eile und Moneten, sondern organisch und behutsam gewachsen. In Hannover haben über Jahre König Fußball (Hannover 96) sowie das Eishockey mit den Lokalrivalen Hannover Scorpions und Hannover Indians den Ton in der Sportszene angegeben. Sie alle müssen sich damit anfreunden, dass die Sportart Handball mindestens ebenbürtig mit ihnen geworden ist – zumal die TSV Hannover-Burgdorf auch noch eine vorbildliche Jugendarbeit betreibt. Das Gesamtpaket dieses Vereins stimmt derzeit. Wie sagt es der umjubelte Justus Fischer so schön: „Wir lösen eine besondere Freude bei den Menschen aus.“

Dafür haben zuletzt Heimsiege gegen die Spitzenmannschaften wie den SC Magdeburg und die SG Flensburg-Handewitt gesorgt. Die etablierte und vor wenigen Jahren noch übermächtige Konkurrenz muss zur Kenntnis nehmen, dass die TSV Hannover-Burgdorf mehr als ein temporärer Emporkömmling ist.

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