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Hamburger SPD und Haasenburg GmbH„Schwerwiegende Interessenkollision“

Die Hamburger SPD streitet sich darüber, ob man die Jugendlichen aus den Haasenburg-Häusern zurückholen soll. Die Opposition findet das „zynisch“.

Den Belegungsstopp für die Haasenburg GmbH findet der SPD-Fraktionschef in der Hansestadt, Andreas Dressel, „richtig und sinnvoll“. Bild: dpa

HAMBURG taz | Sollte Hamburg seine in die Heime der Haasenburg GmbH entsandten Kinder und Jugendlichen sofort zurückholen? Oder reicht es vorerst aus, keine weiteren mehr in die Brandenburger Einrichtungen zu entsenden? Darüber streiten sich in der Hansestadt derzeit die – hier mit absoluter Mehrheit regierenden – Sozialdemokraten.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel nannte den von der Brandenburger Bildungsministerin Martina Münch gegen die Haasenburg GmbH verfügten Belegungsstopp am Mittwoch „richtig und sinnvoll“. In den Heimen sind unter anderem 10 Hamburger Jugendliche untergebracht.

Sofortige weitere Konsequenzen lehnt Dressel indes ab. Erst sollten die Untersuchungen des Brandenburger Ministeriums sowie die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft abgewartet werden. Danach müsste „auch Hamburg gegebenenfalls neue Lösungen suchen“, so Dressel. Damit erteilte er zugleich der Forderung des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Wolfgang Rose, alle Hamburger Jugendlichen aus den Heimen der Haasenburg GmbH „unverzüglich herauszuholen“, eine Absage.

In einer internen Mail an Dressel und Sozialsenator Detlef Scheele (SPD), die der taz vorliegt, schreibt Rose, „den Aufenthalt von Hamburger Jugendlichen dort zu rechtfertigen, diskreditiert unsere Partei in diesem Politikbereich“. Es sei „eher eine Dressuranstalt mit fragwürdigen Geschäftsinteressen“. Nicht nur ihm falle es schwer, „jede öffentliche Äußerung oder Beteiligung an Veranstaltungen aus Fraktionsdisziplin zu verweigern“, so Rose.

SPD-Schatzmeister und Haasenburg-Anwalt

Grüne und Linke in Hamburg werfen der Sozialbehörde vor, „zynisch und unverantwortlich zu handeln“. Ihrer Ansicht nach müssten alle Hamburger Jugendlichen die Haasenburg-Heime umgehend verlassen und in der Hansestadt selbst betreut werden.

Die CDU wiederum spricht sich im Grundsatz für eine geschlossen Unterbringung wie in den Heimen der Haasenburg GmbH aus, wirft der SPD aber „eine schwerwiegende Interessenkollision“ vor.

Dabei verweisen die Christdemokraten auf die Rolle, die der Jurist Christian Bernzen in dieser Angelegenheit spielt: Bernzen vertritt als Anwalt die Haasenburg GmbH – und ist zugleich Landesschatzmeister der Hamburger SPD. Somit gehört er zum engsten Machtzirkel um Parteichef und Bürgermeister Olaf Scholz. Kommentieren wollte das am Mittwoch kein Sozialdemokrat.

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8 Kommentare

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  • G
    Gast

    Heimplätze kosten viel viel Geld.Das Behörden Kinder schnell in Heime und bei Pflegeeltern unterbringen ist auch nichts neues. Das ist ein Milliardengeschäft und wird vom Staat kräftig unterstützt.

  • F
    Fritz

    Das ist doch kein Fall fuer die Polizei! Wieder einmal wurde mit kleinen Sensatioenchen, wie schlimm sie auch gewesen sein moegen, eine grosse Geschichte zerschlagen.

  • GG
    Gönke Grünberg

    Es ist wohl eher zynich von der Opposition, dass sie so tut, als gäbe es die Vorwürfe erst, seit dem in Hamburg die SPD regiert. Außerdem sind Kinder aus fast allen Bundesländern dort untergebracht worden. Damit sind die dort Regierenden auch mitverantwortlich.

  • P
    p3t3r

    in köln nennt man das klüngel....und hier werden kinder und jugendliche dafür mißbraucht und geopfert...zwei tote kinder ich denke das reicht!

  • G
    gundi

    "diskreditiert unsere Partei" ist ein netter Ausdruck - dass man auf eine praktische Lösung nicht vorbereitet ist, dass man die Gradwanderung der juristischen Aspekte auf dem Rücken anderer ausbalanciert (im privaten Rechtsstreit werden sehr schnell einstweilige Verfügungen ausgesprochen) spricht schon nicht für die Entscheider, dass man sich offensichtlich an der Parteiraison orientiert spricht gar nicht für die Partei ... und wirklich besser erscheint die Konkurrenz auch nicht

  • PG
    peter getz

    Also man sollte doch den ball flachhalten. Meiner Meinung ist es wichtig das wir solche Einrichtungen haben. Alle die sich hier profilieren und die Schließung fordern sollten sich vorab mal überlegen ob sie solche problemkids in ihrer Nähe haben wollen. Und sie sollten mal drüber nachdenken wie es den Mitarbeitern geht die dort meines Erachtens gute Arbeit machen. Darüber wird in den Medien nichts verlautbart immer nur negativ berichtet vieleicht sollten sich Zeitungen die Einrichtungen auch vorab anschauen ehe Artikel veröffentlicht werden. Das dort sind keine lirben Kinder die haben alle eine Vielzahl von Vorstrafen das sollten wir uns alle vor Augen halten. Danke

  • D
    Detlev

    "Danach müsste „auch Hamburg gegebenenfalls neue Lösungen suchen“, so Dressel."

     

    Die Hamburger SPD hat lange mit sich gestritten, ob sie auf das Konzept des Wegsperrens und der autoritären Handhabung von Jugendlichen (besonders Intensivtätern) aufstpringen soll: Damals siegt der Populismus vor dem Verstand. Gerade die Leute um Dressel, Kahrs und Bernzen wollten eine "harte Linie in der inneren Sicherheit", mit der CDU in diesem Bereich gleichziehen.

     

    Nun stellt sich raus, dass diese harte Linie auch in der Realität hart aussieht und im Zweifel wohl mit Gesetzen kollidiert, dass es dort eher wie im Knast ist, inklusive einer Art von Psychomobbing. Und weil alles hübsch zusammenhängt, wartet man ab. Das ist für die Opposition umso besser, jeden Tag kann man nun die Hasenburg diskutieren. Wenn noch ein paar Jugendliche sich dort erhängen oder abhauen, um so besser.

  • SG
    Schmidt Georg

    der Wahnsinn wird immer toller-man schickt keine neuen Kinder dahin, lässt aber die dortigen Kinder in den Klauen der dortigen Erzieher,was soll man dazu sagen-? man weis es wirklich nicht!