Hamburger Immobilienwirtschaft: Hoffen auf Lob und Rendite
Beim Immobilienforum Hamburg trafen sich die lokalen Branchenspitzen. Der Auftritt des Planers des umstrittenen Holstenareals überraschte sogar sie.
![Fassade der Holstenbrauerei mit Unternehmenslogo Fassade der Holstenbrauerei mit Unternehmenslogo](https://taz.de/picture/5612708/14/holsten-Hamburg-Adler-1.jpg)
Seine Botschaft trug er mit einer großen Portion Selbstbewusstsein im verglasten Elbkuppel-Saal vor: Consus stehe doch ganz ungeduldig bereit, das Quartier endlich voranzubringen; nur die Stadt müsse in die Pötte kommen. „Wir sind unterschriftsreif“, sagte Fründt im Hinblick auf den städtebaulichen Vertrag, den die Stadt vorerst nicht unterschreiben will.
Auf dem früheren Areal der Holsten-Brauerei will Consus, Tochter der offenbar taumelnden Adler AG, rund 1.300 Wohnungen bauen. Alle offenen Fragen schienen spätestens seit Mitte 2021 geklärt, als sich das Immobilienunternehmen mit dem zuständigen Bezirksamt Altona grundsätzlich auf die Bebauung geeinigt hatte.
Seitdem wurden zwar bereits erste Abrissarbeiten begonnen. Doch seit Anfang des Jahres wachsen die Zweifel, ob der Mutterkonzern Adler nicht kurz vor der Pleite steht. Vorläufiger Höhepunkt ist, dass jüngst das Bezirksamt Altona klar machte, den notwendigen städtebaulichen Vertrag nicht unterzeichnen zu wollen, solange das Unternehmen keine gesicherte Finanzierung vorlegt. Und die Finanzbehörde bestätigte daraufhin, dass sie mit dem Eigentümer auch über einen Rückkauf verhandelt.
Das Wort „Enteignen“ sorgt für kindisches Gelächter
Davon wollte Fründt am Montag nichts wissen. „Wir werden das Ding bauen“, frohlockte er in rheinischem Dialekt. Ohnehin habe in den vergangenen Wochen „viel Unsinn“ in den Zeitungen über die Zukunft des Areals gestanden. „Wir sind schon viel weiter, als behauptet wird.“ Seine Strategie war deutlich: jeglichen Eindruck wegwischen, dass etwas nicht nach Plan laufe. Und so solle doch bitte nicht so viel über die Finanzsituation des Mutterkonzerns gesprochen werden, sondern stattdessen lieber über das Projekt.
Das tat Fründt bei seinem Vortrag dann auch: Ökologisch und inklusiv werde das Quartier. Geplant seien auch Infrastrukturen, die das Unternehmen der Stadt zur Verfügung stelle. „Wir schenken der Stadt Gebäude“, sagte Fründt im Hinblick auf drei Kitas und Sporthallen, deren Bau eingeplant sind. Nicht nur dafür, sondern auch für die anspruchsvolle Architektur der einzelnen Gebäude seien lobende Worte seitens der Stadt durchaus angebracht. Genauso übrigens für das Schaffen günstiger Räumlichkeiten für kleinere Handwerksbetriebe, befand er. Sogar unter den im Saal sitzenden Immobilienspitzen sorgten seine Worte für versteinerte Mienen.
Im Gespräch mit der taz verdeutlichte Fründt, dass ein Verkauf der Immobilie nicht zur Debatte stehe. Dabei ließ am vergangenen Wochenende der Hamburger Unternehmer Dieter Becken über die Hamburger Morgenpost verlautbaren, dass er das Holstenareal gerne kaufen wolle. „Ich baue da 600 Sozialwohnungen“, versprach der Gründer der Immobiliengruppe Becken. Was von seinem Vorstoß zu halten ist, bleibt zunächst unklar. Becken war einer der Treiber zum Bau der Elbphilharmonie, außerdem saß er mehrere Jahre im Aufsichtsrat des Hamburger SV. Sein Immobilien- und Investmentunternehmen entwickelt bundesweit Wohn- und Büroflächen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro.
Beim Immobilienforum war nicht nur Fründts Auftritt überraschend: Da deklinierten die rund 120 Immobilienvertreter:innen im Laufe des Tages durch, wie sich jetzt noch Miet- und Verkaufserlöse steigern lassen. Mit einem Schmunzeln diskutierten sie dafür auch kurz die Frage, ob es angesichts des Kriegs in der Ukraine nicht auch ein Äquivalent zum Tankrabatt für die Immobilienwirtschaft brauche – mit der beschlossenen Leitzinserhöhung werde die Finanzierung von Immobilienprojekten schließlich nicht leichter.
Und da forderten Redner:innen ein Demonstrationsverbot an Samstagen für die Hamburger Innenstadt, weil die regelhafte Ausübung des Grundrechts das Geschäft der Warenhäuser torpediere. Während diese Forderung auf ernste Gesichter im Publikum stieß, sorgte das Wort „Enteignen“ für kindisches Gelächter im Saal, als hätte jemand einen anzüglichen Witz gemacht. Für derlei Ideen gab es am Montag keinerlei ernsthaftes Interesse.
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