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Hamburger Band HelgenSoundtrack der Klimakrise

Kann Musik Menschen aus ihrer Lethargie reißen? Die Hamburger Band Helgen versucht es klimapolitisch mit ihrem Album „Die Bredouille“.

„Die Geigerzähler geigen“: Hamburger Band Helgen Foto: Joseph Ruben, Warming Stripe: showyourstripes.info

Seit Jahren warnen Forschende vor Klimakrise, massiver Umweltzerstörung und dem Verlust an Biodiversität. Doch Fakten allein scheinen die Menschen, zumindest viele, nicht zum Handeln zu bewegen. Was braucht es, damit wir uns angesprochen fühlen und handeln, unser Bewusstsein und unser Verhalten verändern? Schafft es die Musik, indem sie unsere Emotionen anspricht und unser Herz bewegt?

Anfang August hat die Hamburger Band Helgen ihr Album „Die Bredouille“ veröffentlicht. Die Single-Auskopplung „Die Geigerzähler geigen“ geht scharf und humorvoll auf die Klimakrise ein. „Über die Klimakrise haben wir vorher nicht wirklich Songs gemacht. Es gab schon mal gesellschaftskritische Songs. Aber das Thema Klima ist bei uns in den letzten zwei, drei Jahren ziemlich hochgekocht“, sagt Helge, der Songschreiber des Hamburger Trios. Zwar sind die Bandmitglieder regelmäßig bei Klimademos und haben auch bei verschiedenen Friday-for-Future-Demos in Hamburg gespielt, aber so etwas wie Bands for Future, also eine Bewegung unter Mu­siker*innen für den Klimaschutz, kennt Helge nicht.

Bislang gibt es eine überschaubare Zahl an Künstler*innen, die in ihrer Musik die Klimakrise thematisieren. Helge glaubt, es liege daran, dass es gerade in Deutschland eine gewisse Angst gebe, sich zu positionieren. Er findet es wichtig, dass die Künstler*innen zum Beispiel auf Social Media ihren Standpunkt klar machen und zeigen, was sie einkaufen, wie sie reisen und welche Gedanken sie sich dabei machen.

„Wenn wir vorankommen und sinnvolle Veränderungen bewirken wollten, müssen wir die andere Seite unseres Gehirns einbeziehen. Wir müssten das Problem mit unserer Vorstellungskraft angehen. Und die Menschen, die am besten geeignet sind, uns dabei zu helfen, sind die Musikerinnen und Künstler,“ sagt 350.org-Gründer Bill McKibben.

Bands wie Coldplay gehen aus Klimaschutzgründen nicht mehr auf Tour

Immer wieder haben Mu­si­ker*innen versucht mit ihren Songs, die Menschen die Umweltzerstörung fühlen zu lassen wie 1963 Peter La Farge, der mit dem Album „As Long as the Grass Shall Grow“ Songs über das Leid der indigenen Communitys in den USA schrieb, oder Joni Mitchell, die 1970 von den Vögeln, Bienen und dem Unkrautvernichter DDT in „Big Yellow Taxi“ singt.

2007 fand ein weltweites Konzert fürs Klima statt, dass nacheinander auf jedem Kontinent auf zentralen Bühnen mit vielen Musiker*innen veranstaltet wurde. Schnell folgte Kritik an dem Ressourcenverbrauch durch den Konzertmarathon, Bands wurden wegen ihrer Flugreisen angeprangert. Heute würde sich niemand mehr trauen, für den Klimaschutz so ein Event zu machen. Bands wie Coldplay gehen aus Klimaschutzgründen nicht mehr auf Tour.

Number-One-Hits Fehlanzeige

Einen Soundtrack der Klima­bewegung oder den Klimasong, der die Menschheit aus ihrer Lethargie reißen würde, gibt es bis heute nicht. „Hurra, die Welt geht unter“ von K.I.Z. hätte zumindest in Deutschland das Zeug dafür, denkt Helge. Es scheint für viele Künstler*innen schwer zu sein, die Klimakrise in die Musik umzusetzen: „Niemand mag den Kerl auf der Party, der die ganze Zeit nur über schreckliche Sachen redet. Aber das bin ich“, sagt Amelia Meath vom Duo Sylvan Esso. Sie macht coole Musik zum Hardcore-Thema wie 2018 mit „PARAD(w/m)E“.

Schaut man sich die Klimasongs verschiedener Bands an, fällt eines auf: alles keine Number-One-Hits. Selbst Billie Eilish, international ein Star, hatte mit ihrem im September 2019 ­veröffentlichten Song „All the Good Girls Go to Hell“ mäßigen Erfolg.

Musik und Klimakrise nennt Helge einen „Spagat zwischen der Kunst, die man macht, und dem gesellschaftlichen Thema.“ Ihn hat letztlich die Klimakrise so beschäftigt, dass er diese Kluft in die Musik übersetzt hat.

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