Hamburger Affäre um Freikarten: Zweiter Stones-Prozess rollt an
Juristische Aufklärung geht weiter: Eine SPD-Politikerin und damals designierte Bezirksamtsleiterin in Hamburg-Nord soll Freikarten angenommen haben.
Die Freikartenaffäre hatte den Eindruck eines ganzen Molochs aus Korruption und Bestechlichkeit im Hamburger Bezirk Nord erweckt – besonders durch SPD-Politiker:innen. Zwei Monate nach dem Konzert durchsuchte plötzlich die Staatsanwaltschaft Räume des Bezirksamts und des Konzertveranstalters FKP-Scorpio. Anlass dazu gab die dem Konzert vorhergehende Genehmigung für das Konzert. Im Gegenzug für Kauf- und Freikarten soll das Bezirksamt Nord sie dem Veranstalter erteilt haben – es habe allerdings statt der üblichen rund 600.000 Euro nur 205.000 Euro Nutzungsgebühr dafür verlangt.
Angeleiert haben soll den Deal Harald Rösler (SPD), den die am Freitag vor Gericht stehende Nische eigentlich im Amt nachfolgen sollte. Rösler ist mittlerweile altersbedingt in Pension. Gegen Rösler war schon vor knapp eineinhalb Jahren Anklage erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vorteilsgewährung in 39 Fällen und Bestechung in vier Fällen vor, dazu noch das Verleiten eines Untergebenen zu einer Straftat sowie Untreue im besonders schweren Fall.
Doch noch immer, auch wegen der Pandemie, ist für ihn noch keine Verhandlung terminiert. Die am Freitag vor dem Amtsgericht stehende Nische, die Dezernatsleiterin im Bezirksamt war, soll zwei dieser Freikarten im Wert von rund 360 Euro genommen haben.
Der erste Prozess, der aus der Affäre folgte, endete mit einem recht harten Urteil: 2019 war Elke Badde (SPD), ehemalige Staatssekretärin von Ex-Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), zu einer Geldstrafe von über 20.000 Euro verurteilt worden. Auch ihr warf die Staatsanwaltschaft Vorteilsnahme vor; Badde legte Berufung gegen das Urteil ein.
Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft bislang Ermittlungen gegen 56 Personen geführt, einige weitere Prozesse könnten also noch folgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!