Hamburg genehmigt ersten Cannabis-Klub: Neuland für alle
Das neue Gesetz anzuwenden, ist nicht ganz einfach. Nun ist in Hamburg der erste Cannabis-Klub genehmigt worden. Andere Bundesländer sind schon weiter.
![Erntereife Cannabispflanzen stehen in einem Aufzuchtszelt unter künstlicher Beleuchtung in einem Privatraum. Erntereife Cannabispflanzen stehen in einem Aufzuchtszelt unter künstlicher Beleuchtung in einem Privatraum.](https://taz.de/picture/7303747/14/454720540-1.jpeg)
Ziel des Klubs ist, sauber produziertes und sicheres Cannabis anzubieten und damit auch den gesetzlichen Anspruch, die Verdrängung des Schwarzmarktes für Cannabis, zu erfüllen. Die 500 Mitglieder des Klubs können sich bald legales Cannabis abholen.
Das Cannabiskonsumgesetz ist ein Bundesgesetz. Dessen Anwendung und damit die Genehmigung von Cannabis-Klubs liegt bei den Ländern. Diese sind unterschiedlich weit mit der Umsetzung. In Niedersachsen etwa es gibt bereits 15 genehmigte Cannabis-Vereine. Aktuell werden schon die ersten Blüten geerntet.
Dass es in Hamburg trotz rot-grüner Regierung so lange dauert mit der Genehmigung, hat unterschiedliche Gründe. Laut dem in Hamburg zuständigen Bezirksamt Altona liegt das unter anderem daran, dass das Cannabiskonsumgesetz sehr komplex ist und Anträge genau geprüft werden müssen. Außerdem gebe es keine bundesweit einheitlichen Sicherungs- und Schutzkonzepte. Diese müssen von den einzelnen Klubs erarbeitet und im Anschluss geprüft werden. Das alles nehme Zeit in Anspruch.
Niedersachsen genehmigt schneller
In Niedersachsen, ebenfalls mit rot-grüner Regierung, gelten die gleichen Regeln. Allerdings geht die Genehmigung dort offensichtlich schneller vonstatten als in Hamburg. Ein Grund dafür ist, dass dort keine Behörde für die Genehmigungen zuständig ist, sondern die Landwirtschaftskammer. Die Kammer ist die Selbstverwaltungsorganisation der Landwirte und kann auch hoheitliche Aufgaben in Niedersachsen übernehmen, wie die Genehmigung von Cannabis-Klubs.
Andreas Gerold vom „Cannabisinstitut“ in Hamburg sieht einen weiteren Grund für die lange Genehmigungsdauer darin, dass durch die Legalisierung von Cannabis ein neues Arbeitsgebiet entstanden ist, bei dem auch die Behörden sich neu orientieren müssen. Wie das neue Gesetz angewandt werden soll, ist noch nicht klar definiert und die Auslegungshilfe für die Behörden lässt auf sich warten.
Über den Austausch mit dem Bezirksamt Altona berichtet der Vorstand des frisch genehmigten High End Social Club sehr positiv. Er räumt ein, dass es für alle Seiten eine neue Gesetzeslage sei und das Cannabiskonsumgesetz auf vielfältige Weise auslegbar sei, was zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führen könne.
In eben diesen unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten sehen sowohl Gerold als auch der Vorstand des Cannabis-Klubs den Hintergrund der unterschiedlichen Entwicklungen in den Bundesländern. Denn mit der Auslegungsfreiheit gehen die zuständigen Stellen offensichtlich unterschiedlich um.
Wo das Bezirksamt Altona lieber auf Nummer sicher geht, hat die Landwirtschaftskammer schon vorläufige Genehmigungen erteilt und Entscheidungen getroffen. Der Mut zum Risiko ist in Hamburg anscheinend nicht so ausgeprägt wie in Niedersachsen. Andererseits kann eine vorläufige Genehmigung auch zu größerer Unsicherheit führen, da sie im schlimmsten Fall zurückgezogen werden muss.
Die wohl größte Schwierigkeit in Hamburg und anderen Ballungsgebieten liegt nicht im Kontakt mit den Behörden, sondern besteht darin, Ausgabe- und Anbauorte zu finden, die geeignet sind. Das Gesetz sieht einen Mindestabstand von 200 Metern zu Kinder- und Jugendeinrichtgen wie Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen vor. In einer Großstadt sind die Möglichkeiten dafür begrenzt. Hinzu kommt, auch für den High End Social Club, die Schwierigkeit bei der Immobiliensuche. Viele Vermieter:innen wollen nicht an einen Cannabis-Klub vermieten.
Aktuell warten in Hamburg noch zwölf weitere Clubs auf eine Genehmigung. Vielleicht werden die kommenden Verfahren nach der ersten erfolgreichen Abwicklung schneller zu Ende geführt. Dadurch, dass in dem ersten Fall die Rahmenbedingungen geschaffen wurden und die Auslegung definiert wurde, wissen jetzt alle Beteiligten, woran sie sind, und können entsprechend planen.
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