Hamburg erwirbt Immobilie zurück: Rote Flora lässt sich kaufen
Hamburg hat das seit 25 Jahren besetzte autonome Zentrum zurückerworben. Rote-Flora-Vorbesitzer Kretschmer hat nichts mehr zu melden.
HAMBURG taz | Die Stadt hat das besetzte autonome Stadtteilzentrum Rote Flora zurückgekauft. Die Immobilie übernahm in Treuhänderschaft die Lawaetz-Stiftung für 820.000 Euro. Zum heutigen 25. Jahrestag der Besetzung der Gemäuer des ehemaligen Varieté-Theaters im Schanzenviertel ist dies ein Coup der SPD, der sicher clever ist, aber nicht gänzlich überraschend kommt.
Auch in der Roten Flora gibt man sich nicht überrascht, möchte aber keine Stellungnahme abgeben. „Wir werden uns Mittwoch nach dem Plenum äußern“, sagte ein Repräsentant der taz. Eine Rotfloristin sagte, dass die SPD-nahe Lawaetz-Stiftung, die sich gern als Unterstützerin von Potenzialen lokaler Selbstorganisation darstelle, in den letzten Jahren nicht gerade besonders positiv hervorgetan habe. SPD-Vize-Landeschef Nils Weiland, der den Verkauf als Insolvenzverwalter des Vorbesitzers getätigt hat, war für die taz nicht zu erreichen. „Herr Weiland ist schon ins Wochenende gefahren“, sagte eine Kanzlei-Mitarbeiterin.
Dennoch könnte damit ein vom Ex-Besitzer Klausmartin Kretschmer geschürter Konflikt erst mal befriedet sein. Kretschmer und sein Anwalt Gert Baer hatten im vorigen Jahr mehrfach Räumungs- und Gewaltszenarien heraufbeschworen. Sie kündigten an, das Grundstück an Immobilienhaie aus den USA verscherbeln zu wollen, obwohl Kretschmer sich 2001 gegenüber dem rot-grünen Senat verpflichtet hatte, das Stadtteilzentrum für 370.000 Deutsche Mark zu erhalten. Anfang des Jahres lehnte Kretschmer ein Rückkaufangebot der Stadt für 1,1 Millionen Euro ab, strudelte dann aber in die Insolvenz.
„Der vom Senat Anfang des Jahres angekündigte Rückerwerb der Roten Flora ist damit umgesetzt“, sagte SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher. Die jetzige Lösung verhindere, „dass die Immobilie von privaten Eigentümern für renditeorientierte, immobilienwirtschaftliche Interessen genutzt wird“. Die Stiftung, die der Stadt Hamburg gehört, stelle eine weiterhin nicht-kommerzielle Nutzung sicher und sei in der Lage, eine friedliche Entwicklung der Flora im Sinne der Stadtteilkultur zu begleiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“