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Halal-Burger in FrankreichFastfood ohne Schweinefleisch

In Frankreich hat die Schnellimbisskette Quick Erfolg mit muslimischem Halal-Fleisch. Dafür müssen Kunden auf Schweineschinken und -speck verzichten.

Für Quick gilt nach eigenen Aussagen nur ein Gesetz: der kommerzielle Erfolg. Bild: dpa

Religiöse Bräuche spielen in Frankreich eine immer größere Rolle, auch beim Essen. Die kommerziellen Versuche der in Frankreich stark vertretenen belgischen Fastfoodkette Quick mit nach islamischen Vorschriften geschlachtetem Halal-Fleisch sind so erfolgreich, dass die Umstellung der auf eine speziell gläubige muslimische Kundschaft ausgerichteten Speisekarte von 8 auf 22 der insgesamt 358 Restaurants ausgedehnt wird.

Das ist kulinarisch, politisch oder religiös nicht nach jedermanns Geschmack. Gegen diese Halal-Quick-Burger in Straßburg und Kingersheim läuft im Elsass die Regionalistenpartei Alsace dabord Sturm. Die rechtsextreme Gruppierung, die bei den letzten Regionalwahlen 5 Prozent der Stimmen erhalten hat, hat eine Strafklage wegen Diskriminierung angekündigt.

Mit dem Angebot von Fleisch, das explizit nach islamischen Regeln zubereitet werde und von geschächteten Tieren stamme, praktiziere Quick ein "ethnisches Marketing" und fördere eine "Ghettobildung", begründet die elsässische Rechtspartei ihre Klage. Zudem würden die Konsumenten von Halal-Fleisch indirekt zur Finanzierung der muslimischen Organisationen beitragen, die die entsprechenden Zertifikate über eine korrekte Fleischherkunft und die Beachtung der Schlachtrituale ausstellen.

Dem widerspricht die Fastfoodkette. Ihr Argument: Die Restaurants, die kontrollierte Halal-Steaks, aber keinen Schweineschinken oder Speck anbieten, respektieren nicht die religiösen Kriterien, da sie weiterhin alkoholhaltiges Bier anbieten und künftig auch mindestens einen nicht nach Halal-Regeln hergestellten Hamburger verkaufen. Dieser wird allerdings anderswo vorfabriziert und dann nur für den Verzehr aufgewärmt. Die Quick-Restaurants seien also - im Unterschied zu den Steaks - nicht wirklich mit Halal-Vorschriften konform und würden deswegen auch nicht von Vertretern einer Moschee kontrolliert, so die Firma. Für ihn, sagte Quick-Chef Jacques-Edouard Charret unlängst, gelte nur ein Gesetz: der kommerzielle Erfolg, nicht aber islamische Gebote der Scharia.

Und bisher funktioniert Halal bei Quick: Die speziellen Restaurants haben ihren Verkauf meistens nahezu verdoppelt. Das Unternehmen hofft, mit seiner Multikulti-Marketingstrategie gegenüber der auf dem Fastfoodmarkt dominierenden amerikanischen Konkurrenz ein zukunftsträchtiges Segment erobern zu können. Eine Ausweitung des Halal-Marketings wird nicht ausgeschlossen. Für die Entscheidung, aus dem Quick-Restaurant Schinken und Speck vom Schwein zu verbannen, um vermehrt eine muslimische Kundschaft anzuziehen, nennt Quick drei Kriterien für einen Bedarf an Halal-Produkten: eine spürbare Zunahme des Verkaufs von Fisch bei einem gleichzeitigen Rückgang des Schweinefleischs sowie eine während der Fastenzeit Ramadan variierende Konsumentenzahl.

Fateh Kimouche vom muslimischen Konsum-Online-Magazin "Al Kanz" sieht nur Vorteile: "Bei Quick wurden so bereits mehr als 200 Stellen geschaffen, 350 weitere sind möglich. Damit wird Halal zu einem Wachstumspotenzial." Abgesehen von diesen ökonomischen Überlegungen sei er persönlich aber nicht überzeugt, dass es generell einen "exzellente Sache" sei, wenn Muslime sich am Ende vermehrt mit Fastfood ernähren.

Die Polemik um die Halal-Steaks bei Quick, die einigen in den falschen Hals geraten sind, weil sie sich dabei in ihrer Furcht vor einer Islamisierung der französischen Gesellschaft bestärkt fühlen, wäre vielleicht von geringer Bedeutung, wenn die Fastfoodkette nicht im Besitz einer staatlichen Bank wäre, nämlich der Caisse des Dépòts et Consignes. Diese 1816 gegründete Institution dient vor allem für Anleihen der Kommunen, übernimmt aber immer mehr die Rolle als Anleger zur Wirtschaftsförderung. Mit der Investition in ein Unternehmen, das mit religiösen Kriterien Marketing betreibt, hat die Bank aber auch nach Meinung von Kritikern, die nicht zu islamophoben Gruppen zählen, gegen ein in Frankreich sakrosanktes Prinzip verstoßen: der Trennung von Religion und Staat.

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18 Kommentare

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  • J
    Jürgen

    Alle die im Atomstrom-Ökostro-Bereich die unendliche Macht des Konsumenten=Geldgbers bezweifeln, sollten jetzt mal schön ins Grübeln kommen.

  • D
    denninger

    Tja, "vic" und alle anderen, mir ist es auch egal was meine Mitbürger essen. Nur, habt Ihr auch einmal die Rohstoffpreise von Rindfleisch und Schweinefleisch verglichen? Natürlich nicht!

    Also, wenn von Rind- auf Schweinefleisch umgestellt wird werden entweder die Produkte teurer oder es wird an anderer Stelle gespart. Und bei aller Toleranz bin ich nicht bereit, die religiösen Befindlichkeiten einer Minderheit ungefragt mit zu finanzieren bzw. durch den Konsum minderwertigerer Produkte zu unterstützen.

    Natürlich muss ich nicht bei "Quick" essen. Aber wie sieht es denn mit der "halal" Verpflegung in Kantinen, Heimen, Kindergärten und Schulen aus?

    Oops, bin ich jetzt "islamophob" oder gar "rechts"?

  • V
    vic

    Ich finde mich nicht eingeschränkt, wenn sich auch meine Mitbürger ihren(m) Gewohnheiten/Tradition/Kultur/Glauben/Gusto entsprechend ernähren können.

  • CG
    Christian G.

    Mir fällt immer wieder auf, wie sehr Ernährung zur Religion wird. Die Geister scheiden sich stets an Themen wie Fleischkonsum, tierischen/pflanzlichen bzw. gesättigten/einfach und mehrfach ungesättigten oder eben Transfetten, Cholesterin, Low-Fat/Low-Carb-Ernährungsformen, Menge an Ballaststoffen, Mineralien, Nahrungsergänzungsmitteln etc etc. Für jedes medizinische Paper, das einen Nutzen aus dem Konsum oder den Verzicht gewisser Lebensmittel herausstellt, findet sich eines, welches das Gegenteil verfechtet.

     

    Die ökotrophologische Apologetik hat hier noch eine Menge aufzuholen. Es ist grotesk, wie sehr die Wissenschaft dort noch in den Kinderschuhen steckt. Bevor sie diesen entwachsen ist, ist alles Glaubenssache: jeder meint durch Verzicht, Einschränkung oder sonstige Vorgaben zu einem physiologischen, ethischen oder eben religiösen Besseresser zu werden und genau da hat jeder weder Recht noch Unrecht.

     

    Guten Appetit.

  • E
    EnzoAduro

    Es ist die persönliche Entscheidung eines jeden ob er meint das Tiere rechte haben.

    Die Haselnüsse wurden auch nicht gemacht damit wir sie essen. Die Nüsse sind da damit sich der Haselstrauch fortpflanzen kann.

     

    Die Argumente Co2 und Gesundheit akzeptiere ich. Da sind Menschen betroffen. Und deren Rechte sollten unstrittig sein.

  • T
    Tanja

    Ich finde die Idee einer Fastfoodkette ohne Schweinefleisch supergenial und hoffe, dass die Kette auch bald in Deutschland Fuß fast!

    Mir wird schon übel, wenn ich nur dran denk, dass auf meinem Burger, den ich ohne Bacon bestelle, vielleicht vorher mal Bacon draufgelegen hat.

  • DH
    Dietmar H.

    Auch diese Nachricht wäre keine ohne Herrn Saranazi...

  • H
    Hans

    @Emil: Sehe ich ebenso. Zu Daniel: Dir ist eigentlich klar, dass die Mehrheit der Muslime keine Extremisten oder Terroristen sind. Auch wenn Islamophobie derzeit populaer ist - sollte mensch Vorurteile und rassitische Meinungen nicht wiederkaeungen. Und bitte antworte nun nicht - dein Kommentar war schon peinlich genug.

  • E
    Elisa

    @ Rasouli: Es ist deswegen aus Sicht beider Religionen nicht falsch Fleisch zu essen, weil Gott die Tiere geschaffen hat, damit sich der Mensch davon ernähren kann. Dazu gehört allerdings auch eine artgerechte Haltung und bei der Schlachtung (wie sie auch immer geschehen mag) muss darauf geachtet werden, dass die Tiere so wenig wie möglich Stress erleiden. Extravaganz und Völlerei wird sowohl vom Christentum als auch vom Islam abgelehnt und als Sünde angesehen.

    Ergo: Alles in Maßen und in diesem Fall mit Rücksicht auf die Tiere.

    Wie die armen Tiere allerdings heutzutage teilweise gehalten und behandelt werden, zeigt, dass der Mensch sich lieber den Göttern Profit und Geld hingibt als dem eigentlichen Gott.

  • O
    Ogdan Ücgür

    Als vor einiger Zeit in Frankreich eine nicht-staatliche Organisation gratis essen ausgeben wollte, das Schweinefleisch enthielt, wurde dagegen lautstark protestiert.

     

    In diesen Quick Restaurants kann kein Hindu etwas essen, da es kein Schweinefleisch sondern nur Kühe gibt.

     

    Durch das Schächten werden Tiere barbarisch vor dem Tod gefoltert und die Schlachtung entspricht nicht den europäischen Richtlinien (Betäubung vor Tötung) - warum regt sich darüber niemand auf?

     

    Ich kaufe nie wieder bei Quick.

  • T
    Tobi

    HALAL = Schächten = Ungeheuerliche Tierquälerei.

    Warum geht hier kein Aufschrei durch unser Land? Ich will das nicht und hoffe, dass es noch mehr gibt, die sich dem widersetzen.

  • K
    Kommentator

    @Antoneitta

     

    Ganz ihrer Meinung!

     

    Die Viecher sollten ohne Hormone, Antibiotika und Scheiß gesund gefüttert werden und jeden Tag ne Runde Dauerlauf verordnet bekommen.

    Denn nix geht über n zartes, mageres Stück Fleisch ohne Industrie-Doping.

     

    Ob nun geschächtet oder durch Bolzenschuss gerichtet ist dabei erst mal wurscht, solange die Tiere rasch sterben, verarbeitet werden und auf meinem Teller landen, meinen gierigen Blicken ausgesetzt sind und von mir hastig verschlungen werden.

     

    *sabber*

     

    PS: Die Moslems wissen, was gesund ist.

  • A
    angelina

    Wer regt sich denn darüber auf, dass die armen Kühe geschächtet werden, sind doch sowieso nur Tiere. Und wenn das Angebot auf muslimische Kundschaft ausgerichtet ist, was ist dabei? Niemand wird doch gezwungen dort zu essen? Und wenn Sie sich einige McDoofs hier in Berlin anschauen, scheinen die Kunden überwiegend eh aus dem muslimischen Kulturkreis zu kommen. Was spricht also dagegen, hier Entgegenkommen zu signalisieren?P

  • A
    Antoneitta

    Fleischkonsum wird mit zahlreichen Gesundheitsrisiken wie einem hohen Cholesterinspiegel, Fettleibigkeit sowie Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Bluthochdruck, Arthritis und verschiedenen Herzerkrankungen in Verbindung gebracht. Ein weiteres Problem stellen die Rückstände von Wachstumshormonen und Antibiotika dar, welche sich in Fleisch und Fleischprodukten finden. Zudem birgt Fleischkonsum eine erhöhte Gefahr der Lebensmittelvergiftung durch vergammeltes Fleisch.

    Der menschliche Körper benötigt nicht unbedingt Fleisch, um gesund zu bleiben – und zu viel davon ist auf jeden Fall schädlich. Es gibt zahlreiche vegetarische Eiweiß-Quellen wie Nüsse oder Hülsenfrüchte. Hochwertige pflanzliche Öle sind eine viel gesündere Fettquelle als Fleisch oder Fleischprodukte.

  • E
    EnzoAduro

    Trennung von Staat und Kirche in allen Ehren. Aber wie soll den in Frankreich eine Kette sonst Halal anbieten. Alles was in Frankreich größer als ein Kiosk ist, ist irgendwie in Staatsbesitz

  • G
    Gunter

    Muss es denn heute nur noch um Religion gehen ? Geht es nicht viel mehr darum, ob die Tiere artgerecht gehalten werden und ob die Tötung möglichst ohne Stress und Leid für die Tiere vollzogen wird ? Nein es geht nur noch um Befindlichkeiten einer Kundschaft, der man letztlich alles vorsetzen kann, Hauptsache das Marketing stimmt. Wie dumm sind die Menschen geworden ?

  • R
    rasouli

    heute hatte ich einen interessanten gedanken. wenn doch das christentum und der islam sich immer wieder auf die liebe zur schöpfung beziehen, den gegenseitigen respekt fordern, wäre man dann nicht ein unfassbar aufrichtiger muslim oder christ wenn man kein fleisch essen würde. nicht nur aus tierliebe sondern auch aus nächstenliebe, da, wie wir ja alle wissen, der enorme fleischkonsum und die nachfrage nach fleisch im allgemeinen der menschheit eher schadet als nützt. wenn also islam liebe ist und jesus auch, ist es dann nicht falsch fleisch zu essen? anyone?

  • E
    emil

    kann ich nicht nachvollziehen.

    fleisch ist fleisch. die tiere werden gezüchtet um zu sterben. im einen, wie im anderen fall.

    wer probleme mit der art und weise hat, sollt vielleicht besser auf fleisch verzichten, oder zumindest mal einen ausflug zur tierproduktion machen. am besten gleich die kinder mitnehmen, die wollen danach manchmal weniger wurst essen :-)