Haitis Ministerpräsident tritt zurück: Und nochmal von vorne
Nach einer langen Suche wurde Garry Conille Ministerpräsident von Haiti. Wegen eines Streits über seine Staatsbürgerschaft ist er nach nur vier Monaten zurückgetreten.
SANTO DOMINGO taz | Nach nur vier Monaten Amtszeit ist Haitis Ministerpräsident Garry Conille am Freitag überraschend zurückgetreten. Wenige Stunden später hätte er dem Senat und Abgeordnetenhaus anhand seiner Ausweispapiere nachweisen sollen, dass er nur die haitianische Staatsbürgerschaft hat.
Staatspräsident Michel Martelly, der selbst erst seit neun Monaten im Amt ist, bedauerte den Rücktritt seines Kabinettschefs. Er versichere den "Partnern der internationalen Gemeinschaft", dass die Regierung reibungslos weiterarbeiten werde. Der frühere Musiker versprach, in Absprache mit beiden Parlamentskammern rasch einen neuen Ministerpräsidenten zu nominieren. Martelly wird selbst nachgesagt, neben der haitianischen auch die US-Staatsbürgerschaft zu besitzen.
Bei der Berufung Conilles, der zuvor Gynäkologe und UN-Funktionär war, konnte seine Staatsbürgerschaft nicht geklärt werden. Das Parlament hatte seine Ernennung erst nach internationalem Druck akzeptiert. Zuvor waren schon zwei Kandidaten durchgefallen. Das verzögerte wichtige Entscheidungen für den Wiederaufbau nach dem schweren Erdbeben von 2010.
Doch das Parlament, in dem Martellys Partei im Unterhaus nur drei Sitze hat, ließ nicht locker und untersuchte die Staatsbürgerschaft von Regierungsmitgliedern. Conilles Rücktritt erfolgte, nachdem 17 der 18 Minister - einer ist gerade im Ausland - sowie 10 Staatssekretäre gerade die geforderten Unterlagen vorgelegt hatten. Die von der oppositionellen Partei "Inite" dominierten Parlamentskammern verschärften in letzter Zeit ihren Widerstand gegen die neoliberale Wirtschaftspolitik.
Doch soll auch ein Zerwürfnis mit Staatschef "Sweet Micky", wie Martelly von seinen Fans genannt wird, zu Conilles Rücktritt beigetragen haben. Dabei soll es vor allem um die Prüfung der Staatsbürgerschaft gegangen sein. Der Chef der UN-Friedenstruppen in Haiti, Mariano Fernández, äußerte sich besorgt. Der Streit helfe dem Wiederaufbau, dem Wirtschaftsaufschwung und der Rechtsstaatlichkeit nicht.
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