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Haftstrafe für Todesfahrer von Eppendorf„Unermessliches Leid“

Ein 40-Jähriger raste mit dem Auto nach einem epileptischen Anfall über eine rote Ampel und tötete vier Menschen, darunter den Soziologen Günter Amendt. Nun wurde er verurteilt.

Blumen liegen in Hamburg/ Eppendorf an der Unfallstelle, an der bei einem Unfall vier Menschen getötet wurden. Bild: dapd

HAMBURG dpa | Der Todesfahrer von Hamburg-Eppendorf ist am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Mehr als ein Jahr nach dem Horror-Unfall mit vier Toten sprach das Hamburger Landgericht den 40-Jährigen der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung und der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs für schuldig. Neben der Haftstrafe ordnete das Gericht auch die Einziehung der Fahrerlaubnis an.

Er hätte erkennen müssen, dass er jederzeit mit einem epileptischen Anfall hätte rechnen müsse, sagte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung. „Sie haben das Unfallauto geführt, obwohl Sie fahruntauglich waren.“ Das Leid der Angehörigen sei unermesslich.

Der 40-Jährige war am 12. März 2011 nach einem epileptischen Anfall über eine rote Ampel gerast. Sein Wagen schleuderte in mehrere Fußgänger und Radler. Vier Menschen kamen ums Leben, darunter der Sozialwissenschaftler Günter Amendt und der Schauspieler Dietmar Mues.

Zuvor hatte der Angeklagte in einem Schlusswort seine Betroffenheit geschildert und beteuert: „Ich bin kein unverbesserlicher Totraser“. Er werde sich nie wieder ans Steuer eines Autos setzen und habe seine Fahrerlaubnis für immer abgegeben. „Jeder Tag und jede Stunde ist eine Last“, sagte der 40-Jährige. Die Verteidigung des Mannes hatte auf Freispruch plädiert. Der epileptische Anfall sei für den Angeklagten damals tatsächlich aus heiterem Himmel gekommen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert.

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4 Kommentare

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  • S
    schorse

    Muss es erst Prominente erwischen, damit die Totraserei auf unseren Straßen angemessen bestraft wird?

    Was ist mit den vielen anonymen schwerverletzten und im Verkehr getöteten Unbekannten, die von alkoholkranken Autofahrern im Rausch oder von notorischen Rasern "übergemangelt" werden?

    Meistens kommen die Unfallverursacher mit Bewährungsstrafen davon. Ein Hohn im Augen der Opfer. Aber wer weiß, vielleicht markiert dieses Urteil auch einen Wendepunkt in der "Autogerichtsbarkeit"?

    Mir ist jedenfalls nicht klar, warum z. B. das Durchfahren einer Ortsdurchfahrt mit Tempo 100 statt 50 nicht als Tötungsversuch gewertet wird oder aber mindestens als schwere Verkehrsgefährdung, die im vorliegenden Fall mit Gefängnis bestraft wurde. Muss dabei erst ein Prominenter ums Leben kommen?

  • A
    @autofrei

    Was es braucht ist eine zeitliche Begrenzung für ausgestellte Führerscheine und ärztliche Nachweise für die Fahrtauglichkeit zur Verlängerung.

     

    Allein schon wegen hunderttausenden Personen mit starker Beeinträchtigung der Sehkraft, die sich weigern Sehhilfen zu verwenden weil sie "noch nie eine Brille brauchten"

  • A
    AmendtsRächer

    Zwar bedeutet die führerscheinrückgabe keineswegs, dass jemand nie wieder auto fährt. Jedoch ist dies tendenziell ein gutes zeichen.

    Ein zeichen, welches millionen andere autofahrer nicht bereit sind zu leisten.

    Der epileptiker ist ein sonderfall, doch was ist mit all denen, die intuitiv die eingebaute vorfahrt des autos in anspruch nehmen, die es bei korrekter jristischer auslegeung gar nicht in diesem ausmaß gibt. Was ist mit all jenen, die der nazi-justiz vetrauen? Der gemeine deutsche autofahrer ist williger vollstrecker des ersten deutschen autokanzlers Adolf Hitler, auch wenn die wenigsten sich dessen bewusst sind.

    Wenn sie meinen, fußgänger hätten auf der "fahrbahn" nichts zu suchen, dann nicht wegen des studiums der StVO, sondern weil nazis dies etablierten und die BRD-justiz so tat, als lebe der "Führer" noch. Verfolgt doch mal die geschichte der StVO zurück und lest den text und das was spruchkörper aus gewohnheit damit machen.

    Autofahrer sind gewohnheits-totschläger.

  • AW
    autofrei was sonst

    Die Gesetzgebung sollte es ermöglichen, solche Leute länger wegzusperren. Immerhin hat er um seine Krankheit gewußt und ist dennoch gefahren.

     

    Leider gibt es viel zu viele "Kuschelurteile" für Autoraser, die Menschen töten. Der massenhafte Tod auf den Straßen wird fatalerweise als normal und hinzunehmen angesehen.