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Haftanstalten in KubaDreieinhalb Jahre wegen eines Handy-Videos

Weil er auf Kuba Proteste filmte, wurde ein Deutsch-Kubaner wegen „Aufruhr“ verurteilt. Nun ist er freigekommen.

Undatiertes Foto von Luis Frometa Compte Foto: Janie Frometa Compte

Hamburg taz | Dreieinhalb Jahre hat Luis Frómeta Compte im kubanischen Hochsicherheitsgefängnis „Combinado del Este“ verbracht. Seit Montag ist der 62jährige Deutsch-Kubaner aus Dresden frei – aus humanitären Gründen. Das hat der gelernte Forstarbeiter, der 1985 als Vertragsarbeiter in die DDR kam und 1997 die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt, auch seiner Familie in Dresden zu verdanken. Seine Frau und die beiden Töchter, Janie und María, haben mit Demonstrationen in Dresden, aber auch in Berlin vor der kubanischen Botschaft die Aufmerksamkeit für den „Fall Frómeta“ hochgehalten.

Erfolgreich, zumal der Tatvorwurf der „Sedición“, Aufruhr, Experten zufolge, auch nach kubanischem Recht keine Grundlage hatte. Frómeta war 2021 zu Besuch bei seiner Schwester Virgén in Havanna, trat am 12. Juli vor die Tür, sah eine regierungskritische Demonstration und filmte, wie etliche andere auch, die Ereignisse mit seinem Handy. Nur beschlagnahmte die Polizei später sein Mobiltelefon und nahm ihn fünf Tage später fest. Im Dezember 2021 verurteilte ihn ein kubanisches Gericht wegen „Aufruhr“ zu einer 25-jährigen Haftstraße, die später auf 15 Jahre reduziert wurde.

Maßlos überzogen, die bürgerlichen Grundrechte verletzend? Die „UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen“ meint „Ja“ und das in insgesamt 17 Fällen, allesamt Festnahmen im Anschluss an die Proteste vom 11. Juli 2021. Das Urteil der in Genf ansässigen UN-Kommission datiert vom 24. Juni 2024 und ist für die kubanische Justiz ein Desaster. Für die Angehörigen ist es jedoch ein weiterer Mosaikstein auf dem Weg zur Freilassung ihrer Familienmitglieder.

Indirekt könnte das Urteil der UN-Arbeitsgruppe auch zur Freilassung von Luis Frómeta Compte beigetragen haben, aber viel wahrscheinlicher ist, dass der prekäre Gesundheitszustand des 62-jährigen sowie die internationale Aufmerksamkeit den Ausschlag gegeben haben. Menschenrechtsorganisationen, aber auch die Familie Frómeta hatten darauf aufmerksam gemacht, dass Luis Frómeta unter viel zu hohem Blutdruck litt, im Gefängnis mehrfach misshandelt wurde und sein Leben gefährdet war.

13 Tote hinter kubanischen Gittern

Generell habe sich die Situation in kubanischen Haftanstalten laut juristischen Hilfsorganisationen wie Cubalex oder Justicia 11J in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Laut einem Bericht des unabhängigen Nachrichtenportals „El Toque“ soll es in diesem Jahr bereits 13 Tote hinter Gittern gegeben haben, im letzten Jahr sollen es mehr als 40 gewesen sein.

Die Zahlen werden von der kubanischen Regierung nicht bestätigt. Allerdings berichten Angehörige gegenüber Menschenrechtsorganisationen immer wieder über die prekären Verhältnisse hinter Gittern. Das hat auch Janie Frómeta getan, die ihren Vater im Gefängnis besuchte. Am Montag schrieb sie: „Wir können es nicht glauben. Unser Papa ist endlich frei und jetzt zu Hause bei seiner Familie in Kuba“.

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