: „Härtester Arbeitskampf seit Jahren“
■ Nach den gescheiterten Verhandlungen in der Metallindustrie entscheidet die Gewerkschaft heute über Kampfmaßnahmen / Arbeitgeber: Eine Arbeitszeitverkürzung ist derzeit nicht erstreikbar
Hamburg (dpa/taz) – In der westdeutschen Metallindustrie stehen die Zeichen auf Streik. Bereits heute wird der Vorstand der Industriegewerkschaft Metall über die Einleitung von Kampfmaßnahmen entscheiden. Zuvor waren die Tarifverhandlungen in allen 14 Bezirken gescheitert.
Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel zeigte sich auf einem Aktionstag in Hannover überzeugt, bei einer Urabstimmung mindestens die erforderlichen 75 Prozent für einen Streik zusammenzubekommen. Falls die Arbeitgeber von ihrer Forderung nach Einkommensstopp und Streichung des Urlaubsgeldes nicht abrücken würden, drohte er mit einem „Arbeitskampf, wie ihn die Republik seit mindestens zehn Jahren nicht erlebt hat“. Zwickel betonte, um einen Streik jetzt noch abzuwenden, reiche ein bloßer Gesprächswunsch nicht mehr aus. „Nur wenn der Arbeitgeberverband ein konkretes Verhandlungsangebot macht, über das zu reden sich lohnt, werden wir vor Streikbeginn erneut verhandeln.“ Die IG Metall sei für einen Arbeitskampf gerüstet. Jede Woche koste die Gewerkschaft für 100.000 Streikende 41 Millionen Mark. „Wenn wir gezwungen werden, halten wir das wochenlang durch.“ – Den bislang letzten großen Streik in der westdeutschen Metallindustrie, in der zur Zeit etwa 3,6 Millionen ArbeitnehmerInnen beschäftigt sind, hatte es vor zehn Jahren gegeben. Damals ging es um die schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche. Beide Tarifparteien bekräftigten am Wochenende zwar erneut ihre Bereitschaft, den Konflikt friedlich zu lösen, warfen aber zugleich der Gegenseite vor, Verhandlungen unmöglich zu machen. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Dieter Kirchner, erklärte, für die Arbeitgeber müsse erkennbar sein, daß bei einem neuen Gespräch auch eine Lösung machbar sei. Das sei „durch die sehr barsche Art, wie die IG Metall auftritt, jetzt nicht mehr zu erwarten“. Die IG Metall mache Verhandlungen über eine friedliche Konfliktlösung durch die Forderung unmöglich, die Arbeitgeber müßten schon vor dem Beginn neuer Verhandlungen ihre Positionen aufgeben.
Kirchner warf der Gewerkschaft vor, sie wolle Beschäftigungssicherung über kürzere Arbeitszeiten. Die sei jedoch in ungekündigten Tarifverträgen geregelt. Einen rechtlich zulässigen Streik könne die IG Metall nur zu den gekündigten Verträgen über Lohn oder Urlaubsgeld führen.
Auch in der Druckindustrie steht ein Arbeitskampf bevor, wenn sich die Arbeitgeber weiterhin Verhandlungen über eine Beschäftigungssicherung entziehen. IG-Medien-Vorsitzender Hensche sagte in Hannover, Deutschland stehe vor einem Tarifkonflikt von besonderer Brisanz und politischer Dimension, da die Gewerkschaften sich erstmals gegen Einkommenssenkungen wehren müßten und die Arbeitgeber Flächentarifverträge unverhohlen zur Disposition stellten.
Debatte Seite 10
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