Haderthauer-Affäre in Bayern: Die Autos, der Partner, der Arzt
Wegen der Oldtimer-Affäre steht der Psychiater Hubert Haderthauer in München vor Gericht. Die CSU-Karriere seiner Frau Christine liegt in Trümmern.
Das Verhängnis hätte wohl gar nicht seinen Lauf genommen, wäre Haderthauer etwas großzügiger gewesen. Hätte er seinen Exgeschäftspartner Ponton nicht mit 20.000 Euro abgespeist, sondern ihm 50.000 gegeben. Ponton, ein 86 Jahre alter, leutselig wirkender Mann aus dem Elsass, fühlte sich „belogen und betrogen“. So hatte er es im Modellbau-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags gesagt. Er zeigte den Landgerichtsarzt und früheren Gefängnispsychiater Haderthauer an, ebenso wie dessen Frau Christine.
Es begann das Ende einer vielversprechenden Karriere der in der CSU einst als Powerfrau geltenden Haderthauer, die bis zu ihrem Rücktritt im September 2014 als Leiterin der Staatskanzlei die engste Mitarbeiterin von Ministerpräsident Horst Seehofer war. Und es trat eine Affäre zutage, wie sie auch der Freistaat nicht häufig erlebt – eine Affäre um edelste Modellautos, einen psychisch kranken Dreifachmörder, Hungerlöhne und eine gewisse Geldgier des Ehepaars H.
An der Firma Sapor Modelltechnik, die teure Oldtimer-Sammlerstücke für Verkaufspreise von bis zu 30.000 Euro pro Stück fertigen ließ, waren ursprünglich das Ehepaar Haderthauer und Ponton beteiligt. Als Ehefrau Christine 2003 Landtagsabgeordnete wurde, überschrieb sie ihre Anteile an den Ehemann. Verkauft wurde das Unternehmen 2008, als die Politikerin in Bayern zur Sozialministerin aufgestiegen war.
Auf die Modellauto-Geschäftsidee hatte Haderthauer ein Strafgefangener gebracht. Dem heute 77 Jahre alten Roland S. begegnete der Arzt in der forensischen Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus im fränkischen Ansbach. S. hatte drei Sexualmorde begangen. Und S. konnte aus etwa 6.800 Einzelteilen einen wunderschönen Mercedes Simplex von 1904 bauen, Maßstab 1:8. „Produziere, produziere“, habe der Arzt ihm gesagt, so S. in seiner Aussage im Untersuchungsausschuss.
Der heute 58-jährige Psychiater Haderthauer kümmerte sich, sozusagen im Nebenjob, um den Verkauf der Oldtimer. Um ein Automodell unversehrt zu einem Käufer zu bringen, ist er auch einmal selbst damit nach Kanada geflogen. „Die Madame“, so sagte Ponton, habe in früheren Zeiten „den Laden geschmissen“ und sich um Büro und Verwaltung gekümmert. Der Autobauer S. und seine Mitarbeiter jedoch bekamen nur den üblichen Lohn für die arbeitstherapeutische Maßnahme im Gefängnis – damals waren es 300 D-Mark im Monat. S. durfte aber, so berichtete er, in Ingolstadt mit den Haderthauers essen gehen.
Am 7. Januar will Hubert Haderthauer zu den Vorwürfen aussagen. Er werde sich „der Befragung stellen“, so sein Verteidiger. Frau Christine hat am Mittwoch ihre Immunität als Abgeordnete verloren, sie akzeptiert einen Strafbefehl. Hubert Haderthauer ist als Gerichtsarzt vom Dienst suspendiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden