Hackerattacken gegen Australien: China eskaliert den Cyberkrieg
Seit Wochen nehmen Hacker australische Behörden, Unis und Unternehmen ins Visier. Canberra sieht China hinter den Angriffen.
Premierminister Scott Morrison machte die „böswilligen“ Angriffe am Freitag öffentlich. „Australische Organisationen werden derzeit von einem hochentwickelten staatlichen Cyber-Akteur ins Visier genommen“, so Morrison. Die Bedrohung zeige einen Grad an Professionalität, der nur von einem staatlichen Akteur ausgehen könne.
Die Angriffe richteten sich gegen australische Organisationen aus verschiedenen Sektoren, darunter alle Ebenen der Regierung, die Industrie, politische Organisationen, Bildung, Gesundheit, Anbieter wichtiger Dienstleistungen und Betreiber kritischer Infrastrukturen.
Auf die Frage, ob der Angriff aus China komme, erwiderte Morrison nur: „Es gibt nicht allzu viele staatliche Akteure, die über diese Fähigkeiten verfügen“.
Links zu gefälschten Websites
Auch Experten wie der Sicherheitsanalyst Peter Jennings nannten China als wahrscheinliche Quelle. Regierungsquellen zufolge haben die jüngsten Angriffe viele Ähnlichkeiten mit einem Cyberangriff auf das Computersystem des Parlamentshauses im Februar 2019, für den auch China verantwortlich gewesen sei.
Der auf Cyperattacken spezialisierte Geheimdienst Australian Signals Directorate gab bekannt, australische Regierungen und Unternehmen seien „eine Zielscheibe für einen hochentwickelten staatlichen Akteur“.
Der Akteur nutze Links zu gefälschten Websites, die darauf abzielten Benutzerdaten zu stehlen, sowie Links zu „bösartigen Dateien“ und E-Mail-Nachverfolgungsdienste. Diese können feststellen, wann Benutzer E-Mails öffnen.
Das mit der Abwehr von Hackerangriffen beauftragte australische Cyber-Sicherheitszentrum arbeite den Angaben zufolge mit Organisationen und Firmen zusammen, die von den Cyberangriffen betroffen seien.
Studierende als Druckmittel
Die Angriffe sind offenbar ein weiterer Pfeil im Köcher Chinas im Kampf gegen die mit der Trump-Administration sympathisierende australische Regierung. Australien und China befinden sich seit Wochen in einem verbalen Konflikt, nachdem Canberra im Chor mit der Trump-Regierung eine Untersuchung des Ursprungs des Coronavirus gefordert hatte. Inzwischen haben sich viele Länder der Forderung angeschlossen.
Seither nutzt Peking, dass China mit 30 Prozent aller Exporte der wichtigste Einzelabnehmer australischer Produkte und Dienstleistungen ist. Die Regierung hat massive Strafzölle auf verschiedene australische Waren verhängt, darunter gewisse Getreidesorten und Rindfleisch.
Außerdem warnte Peking junge Leute davor, in Australien zu studieren. Dort sei der Rassismus gegen Asiaten als Folge von Covid-19 eskaliert. Das wird von Canberra heftig bestritten, allerdings bestätigen Betroffene und Experten den Trend.
China ist das wichtigste Herkunftsland von Bezahlstudenten an australischen Universitäten. Bildung und Ausbildung ist inzwischen Australiens drittgrösste Exportindustrie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin