Hackerattacken auf vietnamesische Journalisten: Angriff auf kritische Reporter
Hacker behindern die Arbeit vietnamesischer Journalisten in Berlin. Mancher vermutet die Täter in Hanoi. Die Polizei ermittelt.
Die Websiten unabhängiger vietnamesischer Journalisten aus Berlin sollen zum Schweigen gebracht werden, wenn es nach dem Willen unbekannter Hacker geht. „Seit dem 9. Mai ist meine Website dauerhaften professionellen Hackerangriffen ausgesetzt“, sagt der Lichtenberger Journalist Trung Khoa Le der taz.
Le betreibt von Berlin aus mit wenigen freien Mitarbeitern zusammen die unabhängige vietnamesisch-deutsche Onlinezeitung Thoibao.de. („Die Zeit“) Die hat sich mit rund 1,5 Millionen Clicks pro Monat zu einem wichtigen Teil der Gegenöffentlichkeit zu staatlich zensierten Medien in Vietnam etabliert. In Ungnade gefallene vietnamesische Politiker wie der frühere Premierminister Nguyen Tan Dung nutzen Thoibao.de sogar, um Familienanzeigen zu schalten. Von den Staatsmedien wird der Expolitiker geschnitten.
„Es ist nicht der erste Hackerangriff auf meine Seite, aber der langanhaltendste und professionellste“, sagt Le. „Der Server wurde mit 5,7 Millionen Clicks pro Stunde belastet.“ Zweimal musste Thoibao.de deshalb im Mai bereits auf einen neuen Server ziehen. Doch die Hackerangriffe wiederholten sich, nachdem die Seite wenige Stunden am Netz war. Am Sonntag hat die Kleinfirma sich deswegen entschieden, nicht mehr mit eigenen Technikern gegen die Hacker zu kämpfen, sondern die Abwehr in die Hände einer Großfirma zu geben. Seitdem ist die Seite ein paar Stunden pro Tag zu sehen.
Von Cyberattacken betroffen ist ebenfalls seit dem 9. Mai auch der in Berlin lebende vietnamesische Blogger Bui Thanh Hieu. Er zählt zu den wichtigsten Bloggern in vietnamesischer Sprache und lebt seit vier Jahren in Deutschland im Exil, nachdem er in Vietnam wegen seiner Texte mehrere Haftstrafen abgesessen hat.
Die Polizei ermittelt
Die Polizei ermittelt wegen der Angriffe. Aus ermittlungstaktischen Gründen will Polizeisprecher Winfried Wenzel jedoch nicht sagen, woher diese kommen könnten.
Journalist Trung Khoa Le ist da aussagefreudiger. „Das ist ein Angriff auf den unabhängigen Journalismus aus Deutschland. Niemand anders als die Regierung in Hanoi hat ein Motiv, uns zum Verstummen zu bringen.“ Neben der britischen BBC sind er und sein Kollege Hieu die einzigen vietnamesischsprachigen Journalisten, die über jeden Prozesstag vor dem Berliner Kammergericht berichten, wo sich seit Ende April ein mutmaßlicher Mitentführer des im vergangenen Sommer im Tiergarten gekidnappten vietnamesischen Expolitikers Trinh Xuan Thanh verantworten muss.
Durch zahlreiche Zeugenaussagen wird dort derzeit der Beweis erbracht, dass es sich tatsächlich um eine Entführung handelt. Das widerspricht der offiziellen vietnamesischen Darstellung, wonach Trinh Xuan Thanh freiwillig nach Vietnam zurückkehrte, um sich den dortigen Ermittlern zu stellen.
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