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HUNGERSTREIK IN SPANIEN

■ Jose Manuel Sevillano Martin ist tot

Seit dem 30.11.89 kämpfen in Spanien die Gefangenen aus Grapo und PCE(r) mit einem unbefristeten Hungerstreik für ihre Wiederzusammenlegung in zwei große Gruppen.

Die harte Haltung der spanischen Regierung gegenüber den hungerstreikenden politischen Gefangenen forderte nun ein erstes Todesopfer. Der Gefangene Jose Manuel Sevillano Martin starb am vergangenen Freitag nach fast sechs Monaten Hungerstreik in einem Madrider Krankenhaus. Dort hatte er bereits am 16. Mai einen Herz- und Atemstillstand. Über die vielen Monate hin hatten behandelnde Ärzte nichts unversucht gelassen, mit medizinischen Maßnahmen die hungerstreikenden Gefangenen am Leben zu erhalten. Die an allen hungerstreikenden Gefangenen angewandte Zwangsernährung soll den Willen der Gefangenen brechen und der spanischen Regierung die Möglichkeit geben, die Forderungen der Gefangenen zu ignorieren. An den Folgen dieser Folterbehandlung ist Manuel Sevillano jetzt gestorben. Inzwischen befinden sich alle Gefangenen in Lebensgefahr. Viele sind erblindet, alle haben irreversible Gesundheitsschäden. Fast alle Gefangenen sind an den Hüften wund vom Liegen. Die Ärzte nehmen darauf keine Rücksicht, kündigten vielmehr eine Behandlung erst für nach dem Hungerstreik an.

Die Öffentlichkeit erfährt kaum etwas über die unmenschlichen Vorgänge in Spanien. Trotz der lebensbedrohlichen Situation der Gefangenen gibt es von seiten der spanischen Regierung keine Bereitschaft zu Verhandlungen. Auch die Interventionen der spanischen Menschenrechtsliga, der katholischen Kirche, des Bischofs von Madrid, des Roten Kreuzes, verschiedener RichterInnen, ausländischer RechtsanwältInnen und anderer konnten die spanische Regierung nicht zu Verhandlungen bewegen.

Diese harte Haltung der spanischen Regierung ist nichts Zufälliges. Sie ist vor dem Hintergrund des Projektes „EG 92“ zu sehen. Die Durchsetzung dieser unmenschlichen Haftbedingungen in Spanien entspricht dem von der BRD in Westeuropa forcierten Konzept der Unterdrückung politischer Häftlinge. In Erwartung der offenen Grenzen zwischen den EG -Staaten soll ein gesamteuropäisches Konzept im Umgang mit politischem Widerstand durchgesetzt werden. Die unnachgiebige Haltung der BRD-Regierung gegenüber der Zusammenlegungsforderung soll dabei zur europäischen Norm werden.

Die Gefangenen aus Grapo und PCE(r) sind entschlossen, den Streik bis zur Erfüllung ihrer Forderungen nach Wiederzusammenlegung und würdigen Bedingungen fortzuführen. Dazu sagt Victor Dieguez, ehemaliger Gefangener aus der Grapo, der während des Hungerstreiks aus dem Knast entlassen worden ist: “... obwohl es einfach wäre, scheint es nicht realistisch zu sein. ... Aber es ist die einzige Lösung, daß das Ministerium nachgibt und wieder zusammenlegt. Was undenkbar ist, daß die GenossInnen den Streik beenden, ohne etwas zu erreichen, nachdem sie dahin gekommen sind, wo sie jetzt sind. Früher oder später wird das Ministerium die Forderungen erfüllen müssen.“

Bisher haben sich Gruppen in der BRD, in der Schweiz, in der DDR und in Belgien etc. in vielen Initiativen, Grußadressen, Protestresolutionen u.a. für die Wiederzusammenlegung der spanischen Gefangenen eingesetzt. Das hat nicht ausgereicht.

Alle Gruppen und Initiativen müssen jetzt noch mal verstärkt Druck auf die spanische Regierung ausüben, damit sie gezwungen ist, ihre harte Haltung aufzugeben.

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