HUMBOLDTFORUM: Der Schloss-Geist spukt in der Koalition

HUMBOLDTFORUM Die Koalitionäre SPD und Linke sind sich beim Themenkomplex Schloss-Rekonstruktion und Humboldtforum so uneins wie nie. Das freut vor allem die grünen Schlossgegner: Alles auf Anfang, fordern sie

Beim Thema Wiederaufbau des Berliner Schlosses stimmt ein halbes Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl im September in der rot-roten Regierungskoalition nichts mehr. In der Debatte über das umstrittene Bauvorhaben setzte sich die Linke am Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses klar von der SPD und dem gemeinsamen Senatsbeschluss aus dem Jahr 2007 ab. Darin hatte sich die rot-rote Koalition für den Wiederaufbau des Stadtschlosses und die Beteiligung des Landes am Humboldtforum ausgesprochen.

Während Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) das zukünftige Humboldtforum als Standort für die Außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin gestern verteidigte, griff die Linke das Projekt in ungewöhnlicher Schärfe an. Einer Rekonstruktion fehle "die Akzeptanz in der Stadt", sagte Thomas Flierl, bis 2006 selbst Kultursenator. "Die Diskussion über das Projekt läuft schlecht", es mangele an einer "inhaltlichen Präzisierung" über ein Konzept.

Schließlich seien die Fragen der Nutzung nicht eindeutig geklärt. Der Senat habe es zudem versäumt, einen Stadtentwicklungsplan für das Umfeld des Humboldtforums zu entwerfen, sagte Flierl bei der Anhörung über das Kulturforum.

Wolfgang Brauer, kulturpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion, warf den Verantwortlichen zudem schlechte Kommunikation in Terminfragen vor. Statt mit der Eröffnung des Humboldtforums 2018/19 - wie jüngst noch vom Bund und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) prognostiziert - müsse man jetzt von Verzögerungen bis "2020 oder 2025 ausgehen", sagte er.

Auch bei der FDP - im Bund mit den Christdemokraten im Schlossrekonstruktions-Boot - scheint das Vertrauen in den zügigen Wiederaufbau am Nullpunkt angelangt: "Der Umzug an den Schlossplatz wird dauern, das wissen wir doch alle", erklärte mutlos die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Mieke Senftleben. Dem Plan, das Ethnologische Museum gemeinsam mit der Sammlung der Humboldt-Universität samt der Berliner Zentral- und Landesbibliothek im Schloss unterzubringen, erteilte sie eine Absage.

Dass bei der Debatte im Ausschuss ein offener Koalitionskrach zwischen Rot-Rot gerade noch einmal vermieden werden konnte, war am Montag das Verdienst der Geschäftsordnung. Den Antrag der Grünen-Fraktion gegen den Wiederaufbau des Schlosses kippte die SPD, um einer Abstimmung und einem Linken-Ausscheren zu entkommen. Über die Absetzung ihres Antrags waren die Grünen aber nicht einmal traurig - war es ihnen doch gelungen, mit der Diskussion einen Keil in die rot-rote Regierungskoalition zu treiben. Das hätten sie gut hingekriegt, kommentierte der CDU-Abgeordnete Uwe Lehmann-Brauns die Debatte in dem Gremium. Der Dissens zwischen der SPD und der Linken sei offensichtlich geworden. Lehmann-Brauns befürwortet wie die SPD den Wiederaufbau des Stadtschlosses.

Für Alice Ströver, grüne Vorsitzende des Kulturausschusses, und ihre Partei dürfte der Wiederaufbau des Berliner Schlosses ein Wahlkampfthema werden. "Berlin muss sich endlich an der inhaltlichen Auseinandersetzung zum Humboldtforum beteiligen", sagte sie.

Die Grünen akzeptierten zwar den Bundestagsbeschluss von 2002 zur Errichtung des Humboldtforums, so Ströver. Eine barocke Fassade dafür sei aber keine zeitgemäße Antwort für ein solches Bauvorhaben. Man müsse die Terminverschiebung bis zum Baubeginn nutzen, um die Fassade, vor allem aber die Konzepte für das Innere des Humboldtforums zu verbessern. Eine Schlossrekonstruktion à la Franco Stella lehnten die Grünen ab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.