HSV-Handball kassiert Niederlage: Unter Leichtgewichten

Knapp in der Bundesliga geblieben, kommt der einst so erfolgsverwöhnte HSV auf keinen grünen Zweig. Auf Dauer werden die Spieler mehr tun müssen.

Seine Mannschaft macht zu viele Fehler: Christian Gaudin, Trainer des HSV. Bild: dpa

HAMBURG taz | Es gibt noch kleine Überbleibsel aus der guten, alten Zeit. Zum Beispiel, dass in schöner Regelmäßigkeit der Refrain des Liedes „Nordisch by Nature“ aus den Arena-Lautsprechern dröhnt. Dies geschieht seit Jahren, wenn der Däne Hans Lindberg ein Tor für den HSV Handball geworfen hat. Am Samstag, im Heimspiel gegen die HSG Wetzlar, das 28:31 endete, tat er das immerhin sechs Mal. Oder Matthias Flohr, der nach seinem Treffer enormen Siegeswillen per Körpersprache zur Schau trug.

Und dann die fliegenden Hallenhefte: So viele davon warfen nach der Partie die zeternden Zuschauer, dass Ordner Regenschirme aufspannen mussten, um die beiden Schiedsrichter auf ihrem Weg in die Kabine zu schützen. Auch das hat es früher schon gegeben, an jenen seltenen Tagen, an denen die Hamburger mal ein Heimspiel verloren. Damals waren aber in diesen raren Momenten Kiel, Flensburg-Handewitt, Berlin oder Ciudad Real die Gegner gewesen.

Heute, in Monat drei nach dem Beinahe-Finanzkollaps, gehört der HSV zwar immer noch der Bundesliga an, das Dasein dort ist für den einst vom Erfolg verwöhnten Klub aber ein gänzlich anderes. Die Hamburger finden sich nach dem schlechtesten Saisonstart der Vereinsgeschichte mit 2:10 Punkten tabellarisch ganz unten wieder, im Kreise der Leichtgewichte: Bietigheim, Friesenheim und Erlangen. In den ersten sechs Spielen reichte es für den HSV nur zu zwei Remis.

Daraus ergibt sich Bedrohungspotenzial für einen Klub, der jeden Euro benötigt – dem HSV kommen die Zuschauer abhanden. Gegen Wetzlar waren es noch 5.768, in einer Arena, die 13.000 Platz bietet. Bei den bald anstehenden Heimspielen gegen Friesenheim und Erlangen dürfte es noch trostloser werden. Vermutlich wird es in nächster Zeit viel Gelegenheit geben, Eintrittskarten für diese Partien zu gewinnen.

„Es ist klar, dass wir mit diesen Ergebnissen nicht unbedingt Zuschauer in die Halle ziehen können“, sagte HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek. Und schickte sogleich einen Appell hinterher: „Wir brauchen unsere Fans jetzt. Und wenn man mal ehrlich ist: Genau genommen ist es schon spannender, in der Bundesliga oben oder unten dabei zu sein, als um Platz sieben oder acht zu spielen.“ Allein: Derartige „Dramatik gleich zum Beginn der Saison“, das sei nun auch nicht, was man sich gewünscht habe.

Als Hauptgrund für die Niederlage gegen Wetzlar galten nun, es deutete sich eingangs an, die Schiedsrichter. So zürnte etwa Ex-HSV-Präsident Matthias Rudolph, Hauptgesellschafter der Spielbetriebsgesellschaft, die Referees hätten „völlig einseitig gepfiffen“. Wahr ist aber auch, dass das Team von Trainer Christian Gaudin gegen Wetzlar wieder viele Fehler beging. Kentin Mahé etwa, der kurz vor Schluss bei einem Siebenmeter zu eigenen Gunsten eine Zeitstrafe erhielt – wegen Meckerns.

Innerhalb des Teams wächst der Frust. Das zeigt sich auch daran, wie häufig sich die Spieler im Verlauf einer Partie gegenseitig anblaffen. Es wirkt, als befänden sich die Hamburger Spieler in einer Abwärtsspirale. Zumindest gibt es noch Momente der Einsicht: „Wir müssen noch viel dazulernen“, sagte HSV-Routinier Pascal Hens. „Es bringt nichts, über das Spiel und die Schiedsrichter noch zu diskutieren.“

„Ich bin guten Mutes, dass wir den Bock dann endlich umstoßen“, richtet Geschäftsführer Fitzek seine Hoffnung demonstrativ auf die länderspielbedingte Pause in der Bundesliga. Er veranschaulichte den Zustand des Klubs folgendermaßen: „Wir hatten hier mal einen S-Klasse-Mercedes, mit dem haben wir einen Totalschaden gehabt. Und die Hälfte der Teile haben wir weggegeben. Nun bauen wir uns einen neuen Rennwagen.“

Er sollte nur besser bald in Fahrt kommen, wenn er die Fans mitnehmen will.

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