HILFE FÜR FLUTOPFER: LETZTENDLICH WIRD DER STAAT ZAHLEN MÜSSEN: Wohlfeile Wortfluten
Fassen wir zusammen: Angesichts der Hochwasser fordern hohe CDU-Politiker mehr Atomkraftwerke, um damit eine klimaschonende Energiepolitik zu betreiben. Naturschutzverbände und Umweltpolitiker – darunter ebenfalls solche der CDU – fordern hingegen ein Ende der zubetonierten Flusslandschaften im Allgemeinen und des Elbeausbaus im Besonderen. Der Rest fordert Notopfer.
Doch die Wortfluten sind reichlich wohlfeil. Jetzt, wo alles in die Medien kommt, was irgendetwas mit Klima und Wasser zu tun hat, springt offenbar auch das letzte Statement aus der Schublade. In einer Mediendemokratie ist das an sich auch gar nichts Verwerfliches. Nur: Der Vorschlag mit den Atomkraftwerken etwa ist ausgemachter Blödsinn. AKWs traten im Energiemix noch nie in Konkurrenz zu klimaschädigenden, aber billigen Kohle- und Gaskraftwerken. In den kommenden Jahrzehnten würden neue Meiler eher den regenerativen Energien Marktanteile abnehmen. Außerdem stehen AKWs bekanntlich immer an Flüssen. Angesichts der jüngsten Ereignisse sollte das auch hart gesottenen Atomkraftfans zu denken geben. Die Ökoverbände hingegen haben Recht, wenn sie darauf hinweisen, dass die mitteleuopäischen Flüsse (mit wenigen Ausnahmen) immer mehr eingeengt werden. Ebenfalls richtig ist, dass immer mehr Flächen in ihrem Einzugsgebiet versiegelt werden. Schuld daran sind Eigenheimbauer und neue, meist von den Bürgern gewollte Straßen. Dagegen anzugehen dauert Jahrzehnte und erfordert langen Atem, vor allem von Politikern.
Vor allem aber hat jetzt – mitten im Wahlkampf – niemand Mut für komplizierte Ökodiskussionen. Stattdessen sind „Sonderabgaben“ im Gespräch. Die Bundesunion, nach einer Woche Lähmung nun anscheinend aufgewacht, fordert einen einmaligen „Flut-Cent“ oder ein „Flut-Notopfer“. Die anderen Parteien sprechen von einer „Abgabe“ –10 bis 15 Euro sind im Gespräch. Darüber könnte man schon mal nachdenken. Der Verwaltungsaufwand wäre allerdings enorm. Zudem sind 10 Euro oder gar ein „Flut-Cent“ eine billige Untertreibung. Tatsächlich wird die Rechnung wesentlich höher: Eine solche Abgabe könnte nur von Erwerbstätigen und besser gestellten Rentnern erhoben werden. Bei einem geschätzten Schaden von 5 bis 15 Milliarden Euro wären das zwischen 100 und 400 Euro pro Nase. Vor dieser Summe schrecken auch heroische Wahlkämpfer zurück. Die Wiederaufbauhilfe wird also vor allem klassisch aufgefangen werden – über die laufenden Staatshaushalte. Und das ist auch gar nicht schlimm. Immerhin dreht es sich um sinnvolle Investitionen, die sich rentieren werden. Es wurde schon viel mehr Geld ausgegeben – für Blödsinn. REINER METZGER
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