Gutachten zum Neubau am Gleisdreieckpark: Gut für Stadt und Demokratie
Berlin braucht keine neuen Bürotürme. Vor allem aber braucht es keine Politiker, die sich Investoren ausliefern. Eine Studie könnte beides befördern.
B erlin braucht nichts weniger als neue Bürotürme und weitere leblose Quartiere wie den Potsdamer Platz oder die Gegend rings um die Mehrzweckhalle am Ostbahnhof. Genauso ein Nichtort wäre ein Neubaugebiet mit sieben Hochhäusern am Gleisdreieckpark – ein weiteres Fiasko in einer langen Reihe von Zumutungen Berliner Stadtentwicklungspolitik. Ein Investorentraum statt dringend notwendiger Grünflächen oder bezahlbaren Wohnraums.
Am Donnerstag präsentierte die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck ein Gutachten, das darlegt, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei der Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gelände am U-Bahnhof Gleisdreieck nicht an die Vereinbarungen eines uralten städtebaulichen Vertrages mit dem Investor gebunden ist. Es ist ein hervorragendes Signal.
Aber das ist es nicht nur für alle, die weitere Büroviertel, die an den Bedarfen der Bevölkerung vorbeigehen, ablehnen. Ein gutes Zeichen ist es auch für all jene, denen die Demokratie am Herzen liegt und die daher zu Recht auf ein Primat der Politik vor privaten Investoreninteressen beharren. Das Gutachten schiebt der geradezu wahnwitzigen Idee einen Riegel vor, dass Politiker:innen in einem Akt gewählter Selbstkastration Versprechungen an private Akteure abgeben, an die sich frei gewählte Abgeordnete auch noch Jahrzehnte später zu halten hätten.
Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Abgeordnete entscheiden frei über Bebauungspläne, ohne die Knebel von undemokratischen Deals und Vorfestlegungen. Diese machen auch jede verbindliche Bürgerbeteiligung zur Makulatur. Dass dies vom Gesetzgeber auch gar nicht vorgesehen ist, musste erst ein von einer Bürgerinitiative beauftragter Gutachter herausarbeiten. Selbst kam dieser Senat und auch seine Vorgänger nicht zu der Feststellung, dass er aus puren Investorenhörigkeit die Demokratie beschneidet.
Mit dem Investor, der zum Tausch einst Flächen für den Park verkaufte, braucht es kein Mitleid. Er hat schlicht keinen Anspruch darauf, zu bestimmen, welche Planungen eine Kommune, auch auf Grundstücken, die ihr nicht gehören, für sinnvoll erachtet. Die Stadt ist keine Beute, und Privateigentum unterliegt sowohl einer Sozialbindung als auch einem unternehmerischen Risiko. Spekulationsgewinne abzusichern, ist keine Aufgabe der Demokratie. Diese Lehre nach den verheerenden Jahrzehnten des Neoliberalismus gilt es zu ziehen. Das Gutachten ist dafür und auch für zukünftige Projekte wegweisend.
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