Gutachten der Linkspartei: Mitglieder fragen? Lieber nicht!
Das neue Gutachten des Parteienrechtlers Martin Morlok wurde lange erwartet. Es empfiehlt, die Genossen nicht über ihre Führung abstimmen zu lassen.
BERLIN dpa/taz | Eine Befragung der Linkspartei-Mitglieder über ihre neue Parteispitze würde gegen das Parteiengesetz verstoßen. Zu diesem Ergebnis kommt das Gutachten des Düsseldorfer Parteienrechtlers Martin Morlok, das der Vorstand der Linkspartei in Auftrag gegeben hat.
Laut Morloks Gutachten, das der taz vorliegt, ist einzig der Parteitag für die Wahl der Vorstände zuständig. Eine Mitgliederbefragung würde die Rechte der Parteitagsdelegierten verletzen.
Diese Regelung könne man zwar verfassungsrechtlich anzweifeln, das sei aber ein "riskanter Weg". Bisher haben Fraktionsvize Dietmar Bartsch und die amtierende Parteivorsitzende Gesine Lötzsch angekündigt, kandidieren zu wollen und darüber die Mitglieder abstimmen lassen zu wollen.
Unbeeindruckt von Morloks Gutachten, rechnet der Linken-Landeschef in Mecklenburg-Vorpommern, Steffen Bockhahn, weiter fest mit einem Mitgliederentscheid über die künftige Parteiführung. "Die in der Satzung verankerten Bedingungen für eine Befragung der Parteibasis sind erfüllt. Ich denke, dass kein Weg daran vorbeiführt", sagt der Mitinitiator des Entscheids.
Verstoß gegen Parteisatzung?
Neben den Landesverbänden Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben sich auch Kreisverbände für die Befragung der Mitglieder ausgesprochen. Eine wichtige Weichenstellung wird von der Sitzung des geschäftsführenden Bundesvorstands am Donnerstag erwartet. Die Linke will im Juni in Göttingen eine neue Doppelspitze wählen. Das Votum aller Mitglieder hätte dann empfehlenden Charakter.
Zuvor war bereits der Linken- Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic in einem Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass eine Urwahl, selbst eine konsultative Befragung der Mitglieder, sowohl gegen das Parteiengesetz als auch gegen die Satzung der Partei verstoße.
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