Guantánamo-Häftlinge nach Deutschland: Bedingt aufnahmebereit

Die Koalition ist dafür, das US-Folterlager Guantánamo zu schließen. Jetzt bitten mehrere US-Anwälte um die Aufnahme ihrer Mandanten in Deutschland - doch die Regierung zögert.

Ob der Weg aus Guantánamo heraus nach Deutschland führt, entscheidet letztlich das Innenministerium. Bild: ap

BERLIN taz Gegen Guantánamo sind in der großen Koalition irgendwie alle. Doch ob Deutschland auch nachgewiesen unschuldige Häftlinge aus dem Gefangenen- und Folterlager aufnehmen könnte oder sollte, darüber sind sich weder Union noch SPD einig.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat diese Woche in einem offenen Brief an den neuen US-Präsidenten Barack Obama erklärt, dass die Frage, was aus den Inhaftierten werde, zwar schwierig sei. Doch wenn "Amerika auf andere zukommt, befürworte ich, dass die internationale Staatengemeinschaft und Europa die neue Administration bei dieser Aufgabe nicht im Stich lassen."

Zuständig für eine entsprechende Entscheidung ist freilich das Bundesinnenministerium. Im Hause Wolfgang Schäuble (CDU) wird bislang jedoch bloß die offizielle Regierungslinie seit Dezember wiederholt. Demnach sind für Guantánamo-Häftlinge zuerst deren Heimatstaaten, dann die USA, zuletzt die EU und darunter womöglich Deutschland verantwortlich. Im Übrigen gebe es ja noch gar keine Anfrage seitens der USA.

Am 26. Januar soll der Europäische Rat zum Thema Guantánamo-Häftlinge tagen. Bis dahin werden Außen- und Innenministerium sich also einigen müssen, ob sie eine Einladung aussprechen wollen - oder eben nicht. Zu vermuten steht, dass zumindest einige EU-Länder sich aufnahmebereit zeigen werden. Sonst hätte man den Vorschlag Portugals, das Thema auf die Ratstagesordnung zu setzen, wohl bereits abgelehnt.

Zwar verweisen alle befragten deutschen Politiker stets darauf, dass die heikle Frage besser im Rahmen der EU behandelt werden müsse. Zwingend notwendig ist dies aber nicht. Das deutsche Aufenthaltsgesetz sieht vor, dass Ausländer aus völkerrechtlichen oder aus dringenden humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen aufgenommen werden können - und unter Umständen auch hier arbeiten dürfen.

Eher für ein Entgegenkommen haben sich in Deutschland bislang die Menschenrechtspolitiker von Union wie SPD ausgesprochen. Innenpolitiker wie Hans-Peter Uhl (CSU) äußern sich jedoch abweisend - unter anderem mit der Begründung, dass Häftlinge, die vielleicht unschuldig nach Guantánamo gekommen seien, jedenfalls "als potenzielle Gefährder" dort wieder herauskämen.

Der SPD-Innenexperte im Bundestag Dieter Wiefelspütz sagt: "Ich bin sehr dafür, dass wir mithelfen." Es gehe ja voraussichtlich um eine Gruppe von weniger als zehn Menschen, die "natürlich nach Maßgabe des deutschen Rechts behandelt - also nicht etwa bewacht, sondern beschützt" werden müssten.

Er vermute, dass die Exhäftlinge sehr froh seien, Aufnahme zu finden, "und nicht ansatzweise Terrorismus im Kopf" hätten, sagt Wiefelspütz. Klar sei aber, "dass die dann nicht in der Kuppel des Reichstags aufgenommen werden", weshalb die Innenminister der Länder hinzugezogen werden müssten.

Nun hat aber sein Genosse, der Berliner Innensenator Erhard Körting dies vor Weihnachten in der taz schon mit den Worten kommentiert: "Ich habe keine Lust, von diesen Leuten auch nur einen einzigen nach Deutschland zu holen." Na ja, sagt nun Wiefelspütz: "Ich kann mir vorstellen, dass dies nicht unbedingt die letzte Meinungsäußerung von Körting gewesen sein muss."

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