Grundsatzurteil zu Studiengebühren: 500 Euro sind bezahlbar
Studiengebühren sind grundsätzlich zulässig – wenn sie sozialverträglich ausgestaltet werden, urteilt das Bundesverfassungsgericht.

Studiengebühren sind rechtens – nur wurden sie inzwischen ohnehin wieder abgeschafft. Die Proteste halfen, wie hier in Thüringen. Bild: dpa
FREIBURG taz | Studiengebühren sind zulässig, wenn sie sozial abgefedert werden. Unzulässig sind aber Studiengebühren, die nur von auswärtigen Studierenden verlangt werden. Das stellte jetzt der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in einer Grundsatzentscheidung fest. Konkret ging es um Studiengebühren in Bremen.
Studiengebühren waren bis 2005 durch ein rot-grünes Bundesgesetz verboten. Dann kippte das Bundesverfassungsgericht das Verbot, weil keine bundeseinheitliche Regelung erforderlich sei. In der Folge führten sieben Länder Studiengebühren ein, die nun aber wieder abgeschafft werden, zuletzt in Bayern und Niedersachsen.
Die Karlsruher Entscheidung von 2005 enthielt zwar Appelle an die Landesgesetzgeber, Studiengebühren sozial auszugestalten, das waren aber keine rechtlichen Vorgaben. Solche Vorgaben enthält nun erstmals die aktuelle Karlsruher Entscheidung. Danach dürfen Studiengebühren „nicht prohibitiv wirken“ und müssen „sozialverträglich gestaltet“ sein.
Die bislang üblichen 500 Euro Gebühr pro Semester sind nach Karlsruher Ansicht keine „unüberwindliche soziale Barriere“. Schließlich habe es keine erkennbare „Gebührenflucht“ aus Ländern mit Studiengebühren an gebührenfreie Unis gegeben. Doch auch bei diesem Betrag seien soziale Begleitmaßnahmen erforderlich, zum Beispiel „angemessen ausgestaltete Studiendarlehen“ sowie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlassregelungen für Härtefälle.
Die Bremer Gebührenregelung scheiterte schon aus einem anderen Grund. Nach dieser sogenannten Landeskinder-Regelung konnten Studenten mit Wohnsitz in Bremen 14 Semester gebührenfrei studieren, auswärtige Studierende mussten schon ab dem dritten Semester 500 Euro bezahlen. Dagegen klagten an der Bremer Uni drei Studierende aus Cuxhaven, Oldenburg und Verden. Das Bremer Verwaltungsgericht setzte die Gebühren für Auswärtige aus.
Tatsächlich entschied Karlsruhe nun, dass eine Ungleichbehandlung von Studierenden nach dem Wohnort nicht gerechtfertigt ist – auch nicht um sie zum Umzug nach Bremen zu bewegen, was dem Stadtstaat Vorteile beim Länderfinanzausgleich gebracht hätte. Wegen rechtlicher Zweifel hatte Bremen die Landeskinder-Regelung 2010 wieder abgeschafft.
Leser*innenkommentare
jenny
Gast
Damit Studiengebühren sozialverträglich sein können, müsste das Bafög um die Höhe der Studiengebühren ansteigen.
Das wäre ja total mies!!! Und was ist mit studenten wie mich, die nur über den Nebenjob leben?? Mein Gehalt steigt auch nicht mit den Studiengebühren an. Ich studier übern 2. Bildungsweg, statt Bafögschulden hab ich mich entschieden weiterhin nebenbei zu arbeiten. Ich hätte Anspruch auf Bafög gehabt, bekomm ihn aber nicht. Anderern wird Bafög eingestellt wg fehlenden leistungsnachweisen, diese schaffen es aber dennoch mit Nebenjob weiterzustudieren.
Die sollen dan die Gebühren ohne kompensation zahlen müssen???? Nicht jeder, der bedürftig wäre, bekommt auch Bafög.
Studiengebühren wären nur okay in Form höherer Einkommenssteuern ODER wie in vielen Ländern allein nachgelagert mit Einkommensgrenze, erst NACH dem Studium!!!
außerdem sollten sie dann niedriger sein - z.B. 300 Euro pro semester.
es gibt viele Absolvneten, die nie en höheres Einkommen bekommen statt Studium. Ein bekannter von mir arbeitet als Behindertenpädagoge und verdient nur um 1300 netto - solche menschen brauchne wir aber auch. Wäre mies, da keine EK-Grenze zu haben.
Wolfgang Banse
Gast
Chancengleichheit muss gewährleistet sein,dies trifft auch zu was die Studiengebühren betrifft
Bildung für alle-dass heißt auch dass alle ohne ansehen der Pesron,des sozialen Status und Habitus Bildung in Anspruch nehmen können.
Rainer B.
Gast
Was soll dieser Schwachsinn? Damit Studiengebühren sozialverträglich sein können, müsste das Bafög um die Höhe der Studiengebühren ansteigen.
Das ist finanztechnischer Unfug und führt zu einer deutlich erhöhten Verschuldung der Absolventen. Wem soll das wohl nutzen?
Hanne
Gast
Es gibt auch Uni/FH-Städte, die StudentInnen ein Begrüßungsgeld zahlen (einmalig oder jährlich für die Studienzeit), wenn die StundentInnen ihren 1. Wohnsitz in der Stadt anmelden:
http://www.candy-college.com/studium/praemien-fuer-studenten-die-erstwohnsitz-am-studienort-anmelden/
http://www.karlsruhe.de/b1/stadtmarketing/wissenschaftsbuero/projekte_wb/erstwohnsitz.de
http://www.stadt-brandenburg.de/index.php?id=2559&no_cache=1&tx_civserv_pi1[community_id]=12051000&tx_civserv_pi1[mode]=service&tx_civserv_pi1[id]=235&cHash=08190b65b5
http://www.dresden.de/media/pdf/infoblaetter/Handzettel_Umzugsbeihilfe.pdf
Sind zwar keine 500 € je Semester, aber immerhin haben die Kommunen auch andere Möglichkeiten Geld für die Hochschulen einzutreiben, indem sie Einwohnerzahlen mit Erstwohnsitz erhöhen.
asozialen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts
Gast
Hilfe, wir werden amerikanisiert!
nachgelagert
Gast
ich finde nur nachgelagerte Studiengebühren in Ordnung. Diese wirken wie eine Einkommenssteuer. In vielen Ländern wie GB und Australien sind sie nachgelagert und es gibt eine Einkommengrenze. Das ersetzt dort quasi einnen Teil der EK-Steuer da diese niedriger ist als in Deutschland.
Man muss dann allerdings auch an das Geld kommen, wenn einer ins Ausland zieht.
AStA Uni Bremen
Gast
Wir vom AStA der Uni sehen das auch etwas anders: Wenn Studiengebühren "deutlich spürbar" sind wie das Gericht anerkennt, können sie nicht gleichzeitig sozialverträglich ausgestaltet werden, wie das Gericht fordert. Deswegen gehören sie grundsätzlich abgeschafft.
Unsere volständige Pressemitteilung:
http://www.asta.uni-bremen.de/wp-content/uploads/2013/05/Pressemitteilung-Landeskinderregelung-Webseite.pdf
Irmi
Gast
Also doch nur Bildung und gute Chancen für einen besseren Beruf nur für die, die das Kleingeld dafür haben.
Chancengleichheit ???
Student
Gast
"Schließlich habe es keine erkennbare „Gebührenflucht“ aus Ländern mit Studiengebühren an gebührenfreie Unis gegeben."
Ja klar haben die Richter mit verbundenen Ohren und Augen gesucht???
Als in Baden-Würtenberg und Bayern Gebühren eingeführt wurden gab es einen Strom an Studierenden nach Hessen und als Hessen nachzog zogen die Studdies weiter. Läßt sich an den Zahlen sehr gut ablesen- es gab mal eine Erhebung des FZS dazu