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Grundsatzprogramm der LinksparteiBitte nicht bloß antikapitalistisch!

Drei Parlamentarier und eine Parteivize kritisieren den neuen Programmentwurf als rückwärtsgewandt. Die Lafontaine-Anhänger verteidigen ihn als "scharfe Kapitalismuskritik".

Kumpel schuften im Betrieb: Linkes Leitbild für die Arbeitswelt. Bild: ap

BERLIN taz | Im Mai hat die Linkspartei einen Entwurf für ihr Grundsatzprogramm vorlegt. Der Text trägt deutlich die Handschrift von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine und rückt den Antikapitalismus stark in den Vordergrund. Vier Pragmatiker, die Bundestagsabgeordneten Jan Korte, Stefan Liebich, Raju Sharma und die Vizeparteichefin Halina Wawzyniak, wollen die Debatte über das Grundsatzprogramm nun wieder eröffnen.

In einem dreiseitigen Papier, nachzulesen auf www.wawzyniak.de, kritisieren sie, dass dem Entwurf das Entscheidende fehle. Er sei nicht "der Zukunft zugewandt", ökonomisch verengt und blind für wesentliche gesellschaftliche Umbrüche. So werde die digitale Welt, die Chancen für direkte Demokratie biete, mit keinem Wort erwähnt. Außerdem sei der Entwurf auf die Arbeitswelt von gestern fixiert. Die Konzepte für die Sozialversicherungen würden die paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer festschreiben, ohne zu beachten, dass es immer mehr Selbstständige gibt.

"Das Leitbild des demokratischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts", so das Resümee, "muss mehr als die Veränderung ökonomischer Rahmenbedingungen beschreiben; es muss auch aufzeigen, welche Chancen sich hieraus für Individualität, Partizipation, Kultur, Bewusstsein, Persönlichkeitsentwicklung, Medien bieten."

Schon im Mai hatten Vertreter der ostdeutschen Pragmatiker die Ausrichtung des Entwurfs kritisiert. Birke Bull, Vizeparteichefin in Sachsen-Anhalt, urteilte damals: "Die gesellschaftliche Analyse liest sich für mich eher wie eine Illustration des Grauens und nicht wie eine rationale, differenzierte Sicht auf Prozesse."

Am 18. September soll auf Regionalkonferenzen in Erlangen und Rostock über den Entwurf debattiert werden. Am 6. November tagt ein Programmkonvent. Im Herbst 2011 soll ein Parteitag das Grundsatzprogramm beschließen.

Bis dahin arbeitet eine vierköpfige Redaktionsgruppe federführend an dem Entwurf: Katja Kipping, Matthias Höhn, Ralf Krämer und Sahra Wagenknecht. Sie repräsentieren die wesentlichen Strömungen in der Partei. Höhn zählt zum pragmatischen Flügel, Kipping zur emanzipatorischen Linken, die für das Grundeinkommen wirbt, Krämer zur gewerkschaftsnahen Sozialistischen Linken (SL), Wagenknecht steht der eher fundamentalistischen Antikapitalitischen Linken (AKL) nahe. Die AKL und die SL, die im Westen den Ton angeben, verteidigen den Entwurf und wollen nur kleine Änderungen. "Der Entwurf ist eine gute Grundlage", sagte Krämer der taz. Die Linkspartei stehe "für eine scharfe Kritik am gegenwärtigen Kapitalismus. Das drückt der Text aus."

Klaus Lederer, Landeschef in Berlin, fürchtet hingegen, dass alle, die noch grundsätzliche Kritik an dem Entwurf äußern, "als Abweichler" hingestellt werden. Dabei seien Zweifel, ob dieser Entwurf als Fundament tragfähig sei, mehr als berechtigt. Auch Raju Sharma, Bundesschatzmeister der Linkspartei, meint, man müsse "den Gesamtansatz des Entwurfes hinterfragen". Es reiche nicht aus, nur noch über Spiegelstriche und einzelne Formulierungen zu diskutieren. Die ganze Richtung des Programmentwurfs sei, so Sharma zur taz, falsch. "Die Idee, dass wir den Kapitalismus abschaffen, und dann wird alles gut, ist zu wenig."

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13 Kommentare

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  • K
    Kommentar

    Der Programmentwurf steht hier

     

    http://die-linke.de/programm/programmentwurf/

     

    Die Kritiker des Programmentwurfs unterstellen aber (vermutlich zu Recht) das nur Wenige den Entwurf kennen - sonst könnten sie nicht derartigen Unfug behaupten.

     

    "Digitale Medien" kommen im Entwurf vor. Die spannendere Frage ist, ob z.B. Cyber Democracy etwas daran ändert, dass Menschen mit geringem Einkommen nicht mehr wählen gehen (siehe Hamburger Volksentscheid zur Gesamtschule) oder ob das vermeintlich "freie Internet" zunehmend von Medienkonzernen beherrscht wird. Oder warum die Autorin Wawzyniak (Wahlslogan: Mit Arsch in der Hose in den Bundestag") gerne die unangepasste Politikerin neuen Typs spielt aber bei der Protestaktion der LINKEN im Bundestag für die Opfer der Bomben auf Kundus nicht den "Arsch in der Hose hat" mitzumachen, die Aktion über Twitter kritisiert und nachdem sie merkt wieviel Resonanz die Aktion bekommt ihren Eintrag löscht...

     

    Es ist eine beliebte Strategie sich hinter vermeintlichen Defiziten eines Entwurfs zu verstecken (der Entwurf sagt nichts zum Einfluss der Volksmusik auf die frühkindliche Entwicklung), um keine eigenen Ideen zu präsentieren.

     

    Es werden zwei, drei Aspekte angerissen, die niemandem weh tun, um eine ernsthafte Debatte vorzutäuschen ("das Recht auf Zugang zu Trinkwasser" - und in Berlin werden die Verträge zur Wasserprivatisierung nicht offen gelegt).

     

    Anderes ist einfach nur Quatsch: Stichpunkt Sozialversicherung & Selbstständige: Angeblich sei die paritätische Finanzierung der Sozialversicherung für viele neue Selbstständige (sprich Scheinselbstständige) unzumutbar und daher aus Steuermitteln zu leisten. Was für ein Unfug: Warum soll ein paritätischer Beitrag als Prozentsatz des Einkommens für Arbeitnehmer besser zu verkraften sein, wäre es vielleicht vernünftiger ausufernde Scheinselbstständigkeit zu bekämpfen? Warum sollten Steuern besser zu verkraften sein (weil sie andere zahlen? z.B. Arbeitnehmer) und ist den Autoren bekannt, dass die Bürgerversicherung für alle den Druck auf die Beiträge senken soll?

     

    Die Kritiker des Programmentwurfs stören sich v.a. an den politischen Essentials (Kein Sozialabbau, Keine Privatisierungen, Keine Kriegseinsätze der Bundeswehr). Dafür muss man nämlich politisch kämpfen und kann sich nicht hinter postmoderner Lyrik verstecken...

     

    Wo im Entwurf steht die LINKE wollen den Kapitalismus abschaffen und dann sei alles gut ist mir ein Rätsel?

     

    zwei Seiten Unfug schreiben und dafür einen Artikel in der TAZ bekommen ist irgendwie auch zu wenig...

  • N
    naj.e

    In einem System in dem lediglich prokapitalistische Parteien das sagen haben, finde ich es ersteinmal nur demokrartisch, dass auch linke Strömungen repräsentiert werden, denn nicht mehr und nicht weniger findet mit der Linken statt. Was genau das heißt und wohin es führt, liegt ja nur bedingt in den Händen der Bürger. Und angesichts der immer breiter werdenden Kluft zwischen Arm und Reich, den immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen, der Klientelpolitik der schwarz-gelben Regierung und der Ausbeutung der dritten Welt, sollte eine aufkommende kapitalismuskritische Bewegung für Jeden nachvollziebar sein, denn nichts bleibt für die Ewigkeit!

  • W
    WhiteHaven

    Also Anti-Kapitalismus ist doch in einem Pro-Kapitalistischen Medien Umfeld doch schon einmal sehr viel...!

  • D
    Daniel

    Es fehlt noch der Gegenentwurf, der schlüssig erklärt, wie eine Wirtschaft ohne Konzern-Konglomerate und Multi-Milliardäre viel besser funktioniert. Das liegt daran, dass kleine und mittelständige Betriebe unter verbesserten Bedingungen tatsächlich vollwertige Arbeitsplätze schaffen, regionale Versorgungsstrukturen die Autarkie stärken und somit auch die Krisen-Resistenz, und mehr Partizipation im Schnitt zu vernünftigeren Entscheidungen führt im Sinne des Gemeinwohls und aller Beteiligten.

     

    Darüberhinaus sind die unschlagbaren Vorteile eines bedingungslosen Grundeinkommens endlich offensiv zu kommunizieren(nachdem man sich selbst darüber Klarheit verschafft hat).

  • WE
    Werner Elmshorn

    "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" - ich kenne nichts Individuelleres. Wenn Sie Anschauungsunterricht für Massenverblödung und manipulative Gleichmacherei benötigen, lieber Bernd, schalten Sie am besten den Fernseher ein, bevorzugt bei den sogenannten "Privaten". Fahren Sie doch mal nach Venezuela oder China, denn allzu viel können Sie von diesen Ländern nicht wissen ...

  • L
    lobo

    Keineswegs "wird alles gut, wenn der Kapitalismus abgeschafft wird". Dann beginnt das Einfache, das schwer zu machen ist, wie Bert Brecht sagte. Doch wenn sich die Linkspartei nicht dieses Ziel setzen würde, dann brauchte man sie nicht. Für alles Andere gibt es Parteien, sogar eine Grüne mit ganz guten Zielen, die der Illusion nachläuft, dass ihre Ziele im Kapitalismus realisierbar wären, wo doch wohl die meisten Menschen inzwischen wissen, dass die einzige Triebkraft des Kapitalismus der Maximalprofit ist. Wer sich die Welt anschaut, kann zu keiner anderen Auffassung gelangen, dass der Kapitalismus der Menschheit keine lebenswerte Perspektive gibt.

  • E
    Ewald

    Freiheit mit leeren Taschen, ohne Arbeit oder Arbeit unter Druck für Apfel und Ei macht auch wenig Freude. Zumal wenn mal sieht in den Medien; was so treib die obere fete Schicht.

  • A
    alex

    @brotfresser

     

    so einen unqualifizierten kommentar kann nur jemand schreiben der in den roten diktaturen nie gelebt hat.

    aber offensichtlich gehören sie zur zielgruppe des artikels. aber mit mlpd-geschwätz a la autoritärer oligarchie der parteibonzen und/oder wirtschaftsbonzen kommt man nicht weiter.

     

    das nächste mal bitte erst denken und dann schreiben. nicht umgekehr

  • NF
    Norman Frey

    @Bernd:

     

    China, Nordkorea, UdSSR und die DDR waren und sind nicht sozialistisch und schon gar nicht kommunistisch. Um einen Sozialismus aufzubauen ist die Demokratie zwingend notwendig, eben weil man wie Sie richtig gesagt haben den Menschen keine Gleichheit aufzwingen kann, schon gar nicht eine Gleichheit, die gar keine ist, wie die Machthaber dieser Einpartieiendiktaturen es versuchten und noch versuchen. Das war vor Lenin auch allen klar, nicht umsonst war Sozialdemokratie und Sozialismus damals faktisch gleichbedeutend. Auch die marxistischen Regimekritiker in der DDR forderten die Demokratie.

     

    Lesen Sie einfach mal die frühen Sozialisten: von "Die Patei hat immer Recht" und die Menschen hinter Mauern zu sperren, war da nie die Rede!

  • M
    Mac-Lennox

    Geehrter Bernd!

    Zunächst einmal spricht es nicht gerade für ihre Unterscheidungsfähigkeit, wenn sie so unterschiedliche Länder wie China, Nordkorea, Kuba, Venezuela, UdSSR und die DDR und deren sehr verschiedene Regime in einen Topf werfen. Oder nennen sie Malaysia, Südafrika, Türkei, Spanien, Mexiko und die USA auch in einem Atemzug? Schließlich sind die genannten Länder Demokratien oder behaupten es zumindest und deren Wirtschaft funktioniert nach kapitalistischen Prinzipien, wenn man grobschlächtig argumentiert.

     

    Darüber hinaus werden im Artikel vier verschiedene Strömungen innerhalb der Linkspartei benannt. Wie das mit ihrer Bezugnahme auf den alten Spruch zusammenpasst, wonach die Partei immer Recht hätte, ist mir schlicht unbegreiflich. Denn dies verweist eindeutig auf nur eine einzige Strömung, eine Meinung, ein Dogma, wenn sie so wollen.

     

    Bitte noch einmal den Text ohne Scheuklappen lesen! Danke!

  • B
    Brotfresser

    @Bernd:

    Ich halte das für ein ziemlich schwaches Argument. Die von Ihnen genannten Systeme waren/sind ungefähr so sozialistisch wie die BRD demokratisch ist. Hier wie dort autoritäre Oligarchie, mal zugunsten von Parteibonzen mal zugunsten von Wirtschaftsbossen.

  • AA
    Anna & Archibald

    "Die Idee, dass wir den Kapitalismus abschaffen, und dann wird alles gut, ist zu wenig."

    Da hat der Sharma wohl recht, aber es wäre ja immerhin schonmal ein guter Anfang.

  • B
    Bernd

    Sozialismus/Kommunismus und direkte Demokratie? Oder meinten sie geröstete Schneebälle? Man kann die Menschen nicht zur Gleichheit zwingen! Deshalb können diese Ideologien nicht funktionieren! Man braucht nur nach China, Nordkorea, Kuba und Venezuela gucken, oder sich an die UdSSR und die DDR erinnern! Der Mensch will frei sein und seine eigene Meinung haben! Die Partei hat immer Recht ist schon lange nicht mehr!