: Grünes Hamburg
Was in Hamburg grün werden sollte, war erst einmal bunt. 1978 kandidiert die Bunte Liste erstmals für die Bürgerschaft und schafft im Bezirk Eimsbüttel sogar den Sprung über die Fünfprozenthürde.
Zwei Jahre später bildet sich ein grüner Landesverband, dem sich Teile der Bunten Liste anschließen. Zu den auffälligsten Köpfen zählen die ehemaligen Kader des Kommunistischen Bundes, Thomas Ebermann und Rainer Trampert, die in den kommenden Jahren auch bundespolitisch den Kurs der Grünen mit bestimmen.
Parallel finden sich Menschen aus Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen zur Alternativen Liste (AL) zusammen. 1982 schließen sich Grüne und AL zur Grün-Alternativen Liste (GAL) zusammen, die bei den Bürgerschaftswahlen 7,7 Prozent erreicht.
1986 erzielt die GAL mit einer reinen Frauenliste mehr als zehn Prozent. Dreizehn Abgeordnete sitzen für sie in der Bürgerschaft, unter ihnen die heutige Berliner Kultursenatorin Adrienne Goehler.
Es kommt zu Tolerierungsgesprächen mit der SPD, doch die haben nur symbolischen Charakter. GAL-Forderungen wie ein Bleiberecht für alle in Hamburg lebenden Ausländer oder der sofortige Atomausstieg werden von der SPD vom Tisch gewischt.
Der Fall des real existierenden Sozialismus erschüttert auch die Hamburger Grünen. Als sich eine Landesmitgliederversammlung im März 1990 mehrheitlich für einen Kurs „Nie wieder Deutschland“ entscheidet, verlassen zahlreiche prominente Grüne die Partei, unter ihnen Krista Sager, die jetzige Spitzenkandidatin.
Der Streit endet 1991 mit dem Abgang der Leute vom fundamentalistischen Parteiflügel. Thomas Ebermann und Rainer Trampert verlassen die Partei. Der Diätenskandal in den frühen Neunzigerjahren verhilft der GAL zu neuem Elan: SPD und CDU wollen ihren Fraktionsspitzen Gehälter und Ruhegeld kräftig erhöhen.
Die GAL nimmt den großen Unmut in der Stadt darüber auf und protestiert, in dem sie Geldscheine von der Parlamentstribüne herunter regnen lässt. Bei der Bürgerschaftswahl 1993 erreicht die Partei unter Spitzenkandidatin Krista Sager 13,5 Prozent.
SPD-Bürgermeister Henning Voscherau, der aus seiner persönlichen Abneigung gegen die Grünen keinen Hehl macht, lässt die GAL bei den Koalitionsverhandlungen jedoch vor die Wand laufen und geht lieber mit der Statt Partei zusammen. Vier Jahre später ist die Ära Voscherau am Ende.
Sein Nachfolger Ortwin Runde einigt sich mit der GAL schnell auf ein Regierungsbündnis. Themen wie die Elbvertiefung, die vierte Elbtunnelröhre oder die Erweiterung des Airbuswerks auf Kosten des Naturschutzgebietes Mühlenberger Loch drückt die SPD im Koalitionsvertrag durch, der von einer Minderheit der GAL-Abgeordneten abgelehnt wird.
Die innerparteiliche Kritik am Koalitionsvertrag und seiner Umsetzung paart sich 1999 mit der Zustimmung des Bielefelder Parteitags zum Kosovokrieg. Daraufhin verlassen fünf GAL-Abgeordnete die Partei und finden sich als Regenbogengruppe, die in der Bürgerschaft Opposition macht, zusammen. PETER AHRENS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen