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Grüner will Zug fahren, darf aber nichtParlamentarier soll fliegen

Ein Abgeordneter will für eine Ausschussreise nicht das Flugzeug benutzen - aus ökologischen Gründen. Doch das Präsidium erlaubt keine getrennte Anreise. Diese störe das gemeinschaftliche Erlebnis.

Wird von Berliner Verkehrspolitikern nur mit dem Flugzeug erreicht: Der Gare du Nord in Paris Bild: Reuters

Wenn der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr des Abgeordnetenhauses im Dezember zu einer viertägigen Reise nach Paris aufbrechen wird, wird eines seiner Mitglieder zu Hause bleiben. Aus ökologischen Gründen. Und ein kleines bisschen auch aus Protest.

"In Paris gibt es verkehrspolitisch einiges, was Berlin sich abgucken kann", sagt Stefan Ziller, naturschutzpolitischer Sprecher der grünen Fraktion. Und auch einiges, was man sich vielleicht besser nicht abschauen sollte - wie den stadtentwicklungspolitischen Umgang mit der Banlieue. Ziller findet es vernünftig, die Reise durchzuführen. Nur mit dem Transport gibt es Probleme - denn der Grüne will nicht fliegen.

"Kurzstreckenflüge sollten am besten so weit reduziert werden, dass sie gar nicht mehr stattfinden", sagt er. Kurzstrecke seien im Flugbereich alle Strecken mit einer Distanz von weniger als 1.500 Kilometern. Nach Paris sind es in direkter Luftlinie rund 880 Kilometer. "Es besteht einfach kein Grund zu fliegen, zumal die Bahnverbindung super ist", sagt er. Während der Ausschuss beschloss zu fliegen, will Ziller mit der Bahn fahren.

Doch das Präsidium des Abgeordnetenhauses will keine Alleingänge. "Dem beantragten abweichenden Reiseverlauf von Herrn Abg. Ziller, der aus ökologischen Gründen mit dem Zug anreisen möchte, kann ich leider nicht zustimmen", erklärt der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper, in einem Schreiben an den Ausschussvorsitzenden Thomas Flierl (Linkspartei). Das Präsidium sei kürzlich "aus einem konkreten Anlass heraus" übereingekommen, "bei Ausschussreisen auf der gemeinsamen Anreise der Reisegruppe zu bestehen".

Der "konkrete Anlass", so erläutert es die Sprecherin des Präsidenten, Beate Radschikowsky, sei keineswegs eine negative Erfahrung mit getrennt anreisenden Abgeordneten. Sondern schlicht die Erkenntnis, dass so eine Ausschussreise mehr sei als nur der Austausch von Informationen. "Es geht auch um eine gemeinsame Unternehmung, eine Art Gemeinschaftserlebnis, also auch eine gemeinsame An- und Abreise." Es gehe ausdrücklich nicht um finanzielle Erwägungen, sodass Zillers Angebot, die Kosten für die Bahnfahrt selbst zu tragen, nichts an der Entscheidung ändere. Ausnahmen seien etwa bei gesundheitlichen Gründen oder Terminen eines anderen Ausschusses denkbar.

Der 29-jährige Ziller bezeichnet das Ganze mittlerweile als "eine völlig sinnlose und merkwürdige Situation". Doch seine Argumente, dass Bahnfahren ökologischer sei, dass Abgeordnete als erwachsene Menschen in der Lage seien, pünktlich an Treffpunkten zu erscheinen, laufen gegenüber dem Präsidium ins Leere. Ziller hat sich daher entschlossen, nicht mitzufahren. Und seine Lebens-Flugbilanz von null Kilometern aufrechtzuerhalten.

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8 Kommentare

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  • A
    alcibiades

    also ehrlich, sind die auf klassenausflug? was mich zu der frage bringt: muss der zurückbleibende derweil den landkartenraum aufräumen? das war jedenfalls bei mir an der schule so.

  • E
    EnzoAduro

    Bei Geldgründen hätte ich es noch akzeptieren können. Aber wenn man es so strikt ablehnt dann ist das nicht ok.

    Also tiefen Respekt für den Herr Ziller

     

    @ Martin

    Ja, es stimmt: Moderne Flugzeuge haben einen Verbrauch von bis zu 3 Lietern je Sitzplaz

    ABER

    1. Der Anteil moderner Flugzeuge ist nicht so hoch, das was auf unseren Flughäfen rumkreucht hat in der Regel eher 6 bis 7 Lietern je Sitzplatz

    2. Die Auslastung ist nicht 100%, oft viel Geringer

    3. Das gilt nur für econemy. Ob die in der Holzklasse fliegen wissen wir nicht

    3. Bei Kurzstrecken ist der Anteil an Starts und Landungen höher - höherer Spritverbrauch

    4. Auf hohen höhen ist die Klimawirkung der selben Menge CO2 höher, weil es länger verbleibt UND weil auch der Wasserdampf den Treibhauseffekt tangiert

    Bei Langstrecken ist daher der CO2 Ausstoß mit dem Faktor 3 zu multiplizieren, in der Kurzstrecke mit 2,5 (Bei Düsenjets, niedrig fliegende Turboprops sind anders zu bewerten, deren Marktanteil ist aber geringer) Man würde also selbst mit Biopsprit den Treibhauseffekt anheizen!

     

    5. Atomkraftwerke haben kaum C02 Ausstoß. Und um die Entsorgungskosten muss sich Frankreich kümmern.

     

    In toto kann man also sagen das Flugverkehr sehr Klimaschädlich ist. Wenn man zu zweit in einem Ferrari nach Paris rast schadet man dem Klima auch nicht mehr. Man könnte Verbrauchen:

    6L / 0,77 x 2,5 x 2 = 38,96L/100km

    Flugzeug / Auslastung x Co2 Faktor x Sitzplätze Auto

     

    Im Auto hätte man also zu zweit die selbe Klimawirkung wenn man 38,96L/100 km verbraucht, wie bei einem Standartflugzeug auf der Kurzstrecke. Und mit 38,96L lässt sich sehr sportlich fahren. Soviel nur zum "klimaschonenden" Flugzeug!

  • S
    Sascha

    Hallo Herr Ziller,

     

    Sie haben meinen Respekt, dass sie trotz vier Abgeordnetentermine, auch im Ausland, noch immer aufs Fliegen verzichten.

     

    Weiter so!

  • M
    Martin

    Und sowas vertritt uns Bürger?

     

    Wenn er schon meint, sich in Umweltfragen auszukennen, sollte er wissen, dass moderne Flugzeuge nur noch ca. 3 Liter Kerosin je 100 km und Passagier verbrauchen.

     

    Der Strom für die Bahnfahrt muss auch irgendwo erzeugt werden. Der für den französischen Teil der Strecke kommt bestimmt aus Atomkraftwerken!

  • S
    Susanne

    Endlich mal EIN Abgeordneter mit Rückgrat.

    Was soll man von den anderen Grünen-Abg. halten? - Nüscht. Die Flugzeug nutzenden Abg. sind wohl nur außen grün? Und innen - ... käuflich, angepasst, still und ParteisoldatInnen. Deshalb also auch die Zustimmung zur teuren, neuen Stadtautobahn.

    Susanne.

  • G
    Geoch

    Das ist doch mal eine sinnvolle Regelung. Und ein Gemeinschaftserlebnis kann nur gut sein - auch für Berliner Abgeordnete.

    Dafür muss man nicht nach Paris fahren, auch in Berlin sollte dies Gemeinschaftserlebnis zum Alltag der Abgeordneten gehören, bei der Anreise zu jeder Ausschusssitzung. Keine Anreise mehr mit Bus und (U- rsp. S-)Bahn, sondern im senatseigenen AST (Abgeordneten-Sammeltaxi). Das wird ein Gemeinschaftserlebnis.

  • B
    Bartleby

    Hierr herrscht deutsche Ordnung! Wo kämen wir denn da hin, wenn sich ein nur seinem Gewissen verpflichteter Abgeordneter einem Gemeinschaftserlebnis verweigert? Am Ende lehnt er dann auch noch Bestechungsgelder ab oder stimmt wirklich mal seinem Gewissen gemäß.

  • V
    vantast

    Mein Gott, wo sind wir denn, im Kindergarten? Ist ein "Gemeinschaftserlebnis" Pflicht? Die überbezahlte Führungsriege sollte sich zum Karneval in Köln anmelden.