Grüner Verkehrminister in BaWü unter Druck: Von Unterlagen und Originalunterlagen
FDP und CDU in Baden-Württemberg fordern weiter den Rücktritt von Verkehrsminister Hermann, weil er gelogen habe. Der erklärt sein Lavieren mit "leichten Sprachverwirrungen".

STUTTGART taz | Der unter Druck geratene Verkehrsminister Winfried Hermann hat am Mittwoch versucht, im baden-württembergischen Landtag seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Der Grünen-Politiker sagte, es habe "leichte Sprachverwirrungen" gegeben.
"Daran ist keiner ganz unschuldig." Gleichzeitig rechtfertige er sich noch einmal mit der Aussage, dass ihm das Ergebnis des Stresstests nicht vorläge und er damit "keine Grundlage" habe, "um ein endgültiges Urteil zu fällen". Der schwarz-gelben Opposition reichten diese Erklärungen nur bedingt. Die FDP fordert weiterhin personelle Konsequenzen.
Hermann wurde in den vergangenen Tagen vorgeworfen zu lügen, weil er mit der Aussage zitiert worden war, die Deutsche Bahn würde den Stresstest zum Bahnprojekt Stuttgart 21 wohl bestehen. Später bestritt er diese Aussage, weil der Landesregierung gar keine Materialien zum Stresstest vorlägen. Schließlich berief er sich darauf, die Interviewaussage nicht autorisiert zu haben.
Diesen Schlingerkurs wollte ihm die schwarz-gelbe Opposition nicht durchgehen lassen. In einer Aktuellen Debatte im Stuttgarter Landtag griff sie den Verkehrsminister stark an. "Es ist schlimm, wie Sie Ihr Amt zur Stimmungsmache missbrauchen", sagte die CDU-Abgeordnete Nicole Razavi. "Klären Sie hier und heute die Widersprüche auf oder geben Sie zu, dass Sie die Öffentlichkeit getäuscht haben."
"Es gibt keinen Kontext"
Hermann versuchte die Widersprüche aufzulösen, indem er den Unterschied zwischen "Original- und anderen Texten" betonte: "Es ist zum Beispiel ein Unterschied, ob ich einen Originalfahrplan habe oder ob ich einen Text über einen Fahrplan habe."
Zum Vorwurf, er hätte immer gesagt, ihm lägen gar keine Unterlagen vor, sagte Hermann weiter: "In der politischen Debatte hat man manchmal, gerade wenn man auch Fernsehinterviews gibt, nicht zehn Sätze, sondern einen Satz, und es gibt einen Kontext." In diesem Kontext hätte er stets gesagt, dass ihm Zwischenberichte vorlägen.
Während die CDU-Opposition darauf beharrte, Hermann habe immer nur von Unterlagen und nicht von Originalunterlagen gesprochen, forderte der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf, seinen Minister zu entlassen.
Kretschmann selbst hatte bereits einen Tag zuvor Hermann den Rücken gestärkt und gesagt, dass er nicht zurücktreten müsse.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart