Grüner Parteitag in Nordrhein-Westfalen: Bloß keine Selbstzerfleischung

Die NRW-Grünen versprechen eine „schonungslose Analyse“ ihrer Niederlage. Auf Kretschmanns Einmischung können sie verzichten.

Eine Frau mit gefärbten Haaren beim Grünen Landesparteirat

Rot-Grün war mal in NRW – jetzt heißt es Fehler analysieren und den Mut nicht verlieren Foto: dpa

MÜLHEIM/RUHR taz | Eine knallharte Abrechnung, ein Scherbengericht hätte der erste Landesparteirat der nordrhein-westfälischen Grünen nach dem Wahldesaster bei den Landtagswahlen vom 14. Mai werden können. Die Angst vor einer Selbstzerfleischung des mit 12.600 Mitgliedern größten Landesverbandes der Ökopartei war Wahlkampfmanagerin Marianne Weiß bei Eröffnung des kleinen Parteitags am Sonntag in Mülheim an der Ruhr deutlich anzumerken.

„Mehr Herz, weniger Hass: Das könnten wir auch gebrauchen“, appellierte die politische Geschäftsführerin der NRW-Grünen deshalb an die Delegierten. „Wir brauchen einen freundlichen Umgang miteinander.“

Tatsächlich gelang der Partei, die ihr Landtagswahlergebnis mit nur 6,4 Prozent im Vergleich zu 2012 fast halbiert hat, ein Zeichen der Geschlossenheit. Vorausgegangen war eine Woche innerparteilicher Grabenkämpfe, bei denen nicht nur Spitzenkandidatin und Noch-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann ihren Rückzug aus der Politik angekündigt hat – auch der bisherige Fraktionschef Mehrdad Mostofizadeh steht nicht mehr als Vorsitzender zur Verfügung.

Dazu kamen massive Angriffe von Teilen der Basis auf die bisherige Regierungsriege: Umweltminister Johannes Remmel, Gesundheitsministerin Barbara Steffens und der parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Horst Becker, sollten wie Löhrmann ihr Landtagsmandat in absehbarer Zeit niederlegen, forderte kaum verklausuliert nicht nur der grüne Kreisverband Münster. Alle drei machten am Sonntag aber klar, als Abgeordnete weitermachen zu wollen.

Eine „schonungslose Analyse“ des Wahldebakels versprach nicht nur die grüne Landesvorsitzende Mona Neubaur. Welche Gründe der Landesvorstand für den Absturz sieht, machte Neubaurs Ko-Vorsitzender Sven Lehmann klar: Zu konsensual sei der „Regierungsstil“ nicht nur der MinisterInnen, sondern auch der Auftritt von Fraktion und Landesvorstand, zu wenig emotional die Wahlkampagne gewesen.

„Klare Kante gegen Unternehmen“

„Wir gewinnen Wahlen gemeinsam, wir verlieren Wahlen gemeinsam“, warb der Parteichef um Zusammenhalt. Inhaltlich müsse die Ökopartei bei den WählerInnen „Kompetenzverluste in allen Politikfeldern“ hinnehmen, analysierte Lehmann und nannte die Bereiche „Soziales, Bildung und innere Sicherheit“ ebenso wie die Umwelt- und Wirtschaftspolitik.

Sven Lehmann, Grüne NRW

„Wir wollen nicht den Fleischkonsum verbieten“

Nötig sei „mehr klare Kante gegen Unternehmen, die gegen die Umwelt arbeiten“ – und keine Verbote, die sich gegen den persönlichen Lebensstil der WählerInnen richten, meint der 37-Jährige, der im September in den Bundestag wechseln will: „Wir wollen nicht Fleischkonsum verbieten, sondern ein Ende der Massentierhaltung.“

Bei aller Aufarbeitung der NRW-Niederlage sei jetzt auch der Blick nach vorn nötig, sagten nicht nur die beiden Landesvorsitzenden, sondern auch Bundespolitiker der Grünen wie Bundestagsfraktionsvize Oliver Krischer: „Ohne Nordrhein-Westfalen werden wir keine Bundestagswahl gewinnen“, mahnte der Energiepolitiker aus Düren.

Vehement verbaten sich die NRW-Grünen jede Einmischung von außen. „Wir brauchen keine schlauen Ratschläge aus dem Stuttgarter Talkessel“, meinte etwa Krischer mit Blick auf den grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Winfried Kretschmann, der den traditionell eher linken Grünen an Rhein und Ruhr nicht nur im Streit um Abschiebungen nach Afghanistan einen „gesinnungsethischen Überschuss“ attestiert hatte. Massiver Applaus war Krischer sicher.

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