piwik no script img

Grüner Landesvorstand unter BeschussStrafanzeige gegen grüne ChefInnen

Zwei SPD-Bezirksabgeordnete aus Hamburg-Mitte zeigen grüne LandesvorständlerInnen und Ex-Fraktionschef wegen übler Nachrede und Verleumdung an.

Angezeigt wegen übler Nachrede: Die Hamburger Grünen-Spitze Martin Bill und Anna Gallina Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Hamburg taz | Zwei SPD-Abgeordnete aus Hamburg-Mitte, Fatih Can Karışmaz und Shafi Sediqi, haben am Dienstag gegen die Landesvorsitzende der Grünen, Anna Gallina, gegen deren Stellvertreter Martin Bill sowie den ehemaligen grünen Fraktionschef im Bezirk Mitte, Michael Osterburg, Strafanzeige wegen des Verdachts auf Beleidigung, der üblen Nachrede und der Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens erstattet.

Die beiden Bezirksabgeordneten, die für die Grünen bei der Bezirkswahl kandidiert hatten, waren vom grünen Landesvorstand mit über die Presse verbreiteten Islamismusvorwürfen diskreditiert und aus der grünen Fraktion ausgeschlossen worden. Mit vier weiteren Abgeordneten der Grünen, die die Fraktion aus Solidarität mit den Ausgeschlossenen verlassen hatten, traten die beiden Bezirksparlamentarier im Oktober der SPD-Fraktion bei.

In ihrer am späten Dienstagnachmittag verbreiteten Pressemitteilung heißt es wörtlich: „Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass Herr Osterburg hinter den haltlosen Verdächtigungen gegen zwei Bezirksversammlungsabgeordnete mit Migrationshintergrund steckt.“

Osterburg bestreitet diesen Vorwurf bis heute vehement. Weiter heißt es in der Presseerklärung der beiden Angeschuldigten: „Die Parteiführung hätte die Angelegenheit zunächst intern und diskret prüfen müssen, stattdessen beteiligten sich Gallina und Bill vorverurteilend an einer Hexenjagd und löschten sogar die Profile auf der Parteihomepage, was man eher in einem autoritären System erwartet hätte.

Die menschenverachtende Intriganz von Gallina und Bill entspricht in keiner Weise dem Grünen Grundkonsens

Presseerklärung von Fatih Karışmaz und Shafi Sediqi

Diese medial verbreiteten Vorwürfe zerstörten über Nacht Existenz und Zukunft von zwei jungen Menschen. Sobald ihre Namen gegoogelt werden, erscheinen sofort unzählige Zeitungsartikel, die sie mit Unterstützung von Terrorgruppen oder Islamisten in Verbindung bringen. Die menschenverachtende Intriganz von Gallina und Bill entspricht in keiner Weise dem grünen Grundkonsens und der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung.“

Der grüne Landesvorstand hatte gestern keine Möglichkeit mehr, auf die kurz vor Redaktionsschluss erhobenen Vorwürfe zu reagieren. Er hatte zwar die Islamismusvorwürfe gegen einen der beiden Angeschuldigten zurückgenommen, dies aber nicht öffentlich kommuniziert. Im Gegenzug warf er den sechs Abtrünnigen „parteischädigendes Verhalten“ vor und überzog sie mit einem Parteiausschlussverfahren.

Dem Ausgang des Ausschlussverfahrens kamen die sechs PolitikerInnen mit ihrem Parteiaustritt und dem Wechsel in die SPD-Fraktion zuvor. Besonders Michael Osterburg hatte sich vehement und auch mit juristischen Schritten gegen die „haltlosen Vorwürfe“ der beiden angeblichen Islamisten gewehrt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • G
    Gast

    „Die Parteiführung hätte die Angelegenheit zunächst intern und diskret prüfen müssen,, genau das hat die Parteiführung gemacht und somit richtig gehandelt. Die sechs Ausgetretenen haben jedoch gleich den Presseauftritt gesucht und gefunden. So sind die internen Prüfungen überhaupt an die Öffentlichkeit geraten. Zwischenzeitlich haben zwei der Ausgetretenen ihr Mandat erst garnicht angetreten bzw. abgegeben. Die Nachfolger sind dann gleich in die SPD-Fraktion eingetreten obwohl auch sie auf einem Ticket der Grünen gewählt wurden. Das ist Wähler*innen - Betrug.