■ Kommentar: Grüner Katzenjammer
Bei den Berliner Bündnisgrünen herrscht Katzenjammer. Einerseits sind sie durch das schlechte Bild, das die Bundespartei derzeit abgibt, ganz unverschuldet ebenfalls im Abwind. Vor kurzem noch mit schier berstendem Selbstbewußtsein ausgestattet, ziehen die Berliner Grünen nun die Köpfe ein. Dazu kommt ein hausgemachtes Problem. Die Große Koalition hat sich mit der Verabschiedung der Bezirksreform zwar schwergetan, letzthin aber doch als handlungsfähig erwiesen. Die Bündnisgrünen dagegen, hoffend auf ein selbstverschuldetes Scheitern der Koalition, setzten auf eine grundsätzliche Ablehnung des Projekts und stehen nun mit leeren Händen da. Insbesondere in den bezirklichen Hochburgen muß man sich nun zähneknirschend mit den Ergebnissen abfinden.
Nachträglich fragt mancher Funktionär, ob es nicht andere Wege gegeben hätte. Entsetzt und leicht resigniert wird auf die künftige Zerschlagung von grüner Infrastruktur verwiesen, weil etwa das CDU-geführte Tempelhof das kleinere bündnisgrün- regierte Schöneberg dominieren wird. Diese Sicht ist statisch. Das Interesse der Großen Koalition ist klar, die Bezirke so zuzuschneiden, daß CDU und SPD bevorteilt sind. Doch die politisch-demoskopische Veränderung der Stadt wird weitergehen. Genau deswegen haben die Grünen schließlich in den letzten zehn Jahren auch ehemals uneinnehmbare Bezirksfestungen geknackt. Um dafür eine Strategie zu entwickeln, wird die Partei aber um eines nicht herumkommen: nun ein produktives Verhältnis zur Bezirksreform zu finden. Gerd Nowakowski
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