Grünen-Fraktionsvorsitzender: Grüner Bube wird Papa
Für seinen überraschenden Rückzug aus der Bundespolitik bekommt Volker Ratzmann viel Beifall. Was das für die Berliner Grünen bedeutet, ist unklar
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Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann bleibt auf seinem Posten: Seine Kampfkandidatur gegen Cem Özdemir um den Bundesvorsitz zog er am Donnerstagvormittag zurück.
Viele Abgeordnete hatten bereits damit gerechnet, dass Ratzmann ihnen erhalten bleibt - viele hatten dem bundespolitisch bekannteren Özdemir die besseren Chancen ausgerechnet. Dennoch hat die Kandidatur Ratzmann genützt: Dafür, dass er der Überraschungskandidat war, den vorher niemand auf der Liste der möglichen Parteivorsitzenden hatte, hat er eine gute Figur gemacht - und sich damit alle Chancen für künftige höhere Posten gesichert. Zumal Ratzmann mit der von ihm genannten Begründung für den Rückzug - seine Lebensgefährtin ist schwanger, und er will sich mit ihr um das Kind kümmern - weitere Sympathiepunkte sammelt.
Ratzmanns Kofraktionsvorsitzende Franziska Eichstädt-Bohlig sagt, sie würde die Entscheidung respektieren, auch wenn sie es "ein bisschen schade" findet: "Ich glaube schon, dass der Bundesvorsitz für ihn interessant gewesen wäre und er da etwas Action hereingebracht hätte."
Auch der Parteivorsitzende Stefan Gelbhaar sieht Ratzmann durch den Rückzug der Kandidatur nicht geschwächt: "Geschwächt wäre er höchstens, wenn er in Zukunft wesentlich weniger Zeit für den Fraktionsvorsitz hat, aber das sehe ich nicht." Schließlich ist das Abgeordnetenhaus ein Teilzeitparlament, viele Abgeordnete arbeiten nebenher noch, einige haben sogar eine eigene Rechtsanwaltskanzlei. Der Bundesvorsitz der Grünen verlangt dagegen vollen Einsatz, auch am Wochenende, und bringt auch viele Termine in der ganzen Republik mit sich.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Schäfer ist selbst Vater und kann daher die Entscheidung von Ratzmann gut verstehen. Schäfer sieht Ratzmann durch die Kandidatur gestärkt: "Er hat an Bekanntheit gewonnen und kann jetzt sicher die Berliner Grünen stärker auf Bundesebene einbringen."
Für den Fall, dass Ratzmann Bundesvorsitzender der Grünen wird, hatte die Fraktionsvize Ramona Pop ihre Kandidatur angekündigt. Jetzt muss sie warten. "Ich bin 30. Ich habe Zeit", sagt Pop. "Und der Generationswechsel ist mit der Entscheidung schließlich nicht abgesagt." Denn in einem Jahr steht ohnehin die Neuwahl des Fraktionsvorstandes an. Pop will kandidieren. Als Fraktionsvorsitzende oder wieder als Vize? "Da lege ich mich jetzt noch nicht fest."
Wenn sie als Vorsitzende kandidiert, dann müsste sie nicht unbedingt Volker Ratzmann ersetzen - sie könnte auch die Nachfolge der anderen Fraktionsvorsitzenden Eichstädt-Bohlig werden. Die sagt, sie habe noch nicht entschieden, ob sie wieder antritt: "Das ist alles noch unklar."
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