Grüne wollen Tierhalter:innen prüfen: Führerschein für Hamster
Die Bremer Grünen plädieren für strengere Vorschriften zur Haustierhaltung. Dazu würde ein verpflichtender Sachkundenachweis gehören.
Bremen taz | Fragt man die Besitzer:innen von Hamstern, Retrievern oder Perserkatzen, so wollen die allermeisten wohl nur das Beste für ihre tierischen Mitbewohner. Dennoch werden viele Haustiere nicht artgerecht gehalten. Die Grünen in der Bremer Bürgerschaft fordern daher nun in einem Positionspapier strengere Richtlinien für den Kauf und die Haltung von Haustieren.
Philipp Bruck, Autor des Papiers und Sprecher für Tierpolitik, plädiert für eine Positivliste. Darauf sollen alle Arten stehen. die dazu geeignet sind, privat gehalten zu werden. Auf diese Tiere solle sich der Verkauf und die private Haltung zukünftig beschränken. Auch Qualzuchten – ein Beispiel sind um Luft ringende Möpse – sollen verboten werden, ebenso der Handel von Tieren im Internet oder auf Tiermessen. Stattdessen müsse stärker auf die Vermittlung von Tieren aus Tierheimen verwiesen werden, meint Bruck.
Der Grünen-Politiker stellt sich außerdem einen Sachkundenachweis für die Haltung von Haustieren vor. Ganz egal, um welches Tier es sich handelt, Halter:innen müssten dann vor dem Kauf bei der Züchter:in oder im Handel nachweisen, dass sie über das nötige Wissen zur Haltung des Tieres verfügen. Voraussetzung wären eine theoretische und eine praktische Prüfung. Wer genau vorbei kommen soll, um sich Hamsterkäfige und Katzenkratzbäume in Privatwohnungen anzuschauen, bleibt in dem Papier offen.
Die Absicht hingegen ist klar: „Die allermeisten Menschen lieben ihre Tiere, wissen aber manchmal gar nicht so genau um ihre Bedürfnisse. Gerade Kleintieren sieht man einfach auch weniger an, wie es ihnen geht“, sagt Bruck. Darüber hinaus solle eine Chip- und Registrierungspflicht für frei laufende Katzen eingeführt werden, um einfacher Halter:innen ermitteln zu können.
Qualzuchten – ein Beispiel wären um Luft ringende Möpse – wollen die Bremer Grünen verbieten
Eine Versicherungspflicht könne zudem sicherstellen, dass die Gesundheit der Haustiere nicht von den finanziellen Mitteln ihrer Besitzer:innen abhängig sei, heißt es in dem Papier. Menschen mit geringerem Einkommen könnten trotz der erhöhten Kosten entlastet werden, indem man ihnen beispielsweise die Hundesteuer erlasse. „Zwar sind das meiste keine neuen Forderungen, umgesetzt wurde davon bislang aber noch nichts“, sagt Bruck.
Tatsächlich hatte die Bremer CDU 2013 bereits einen Antrag auf eine Chip- und Haftversicherungspflicht für Hunde gestellt. Dieser war jedoch von den damals regierenden Parteien SPD und Grünen abgewiesen worden. Heute sind SPD, Grüne und Linke an der Macht.
„Beim Internethandel von Tieren genauer hinzugucken oder eine Registrierungspflicht auch für Katzen einzuführen, unterstützen wir absolut“, sagt Silvia Neumeyer, Fraktionssprecherin für Tierschutz der oppositionellen CDU in Bremen. „Nicht zuletzt, weil wir sie selber schon gefordert haben.“ Ein Sachkundenachweis für alle Tiere hingegen sei zu weit gegriffen, weil dieser nicht überprüfbar sei. Eine solche Regelung sei nur für Hundehalter:innen sinnvoll. „Aufklärung sollte für Züchter und Verkäufer der Tiere allerdings verpflichtend werden“, sagt Neumeyer. Viele Punkte des Papiers seien unausgegoren.
Auch seitens des Bremer Tierschutzvereins gibt es Kritik am Haustierführerschein: „Ich halte das für sehr schwer umsetzbar und auch nicht in allen Fällen für sinnvoll“, sagt Sprecherin Gaby Schwab. Ein verpflichtender Nachweis verunsichere all jene Tierbesitzer:innen, die sich seit Jahren gut um ihre Haustiere kümmerten und erreiche im schlimmsten Fall lediglich, dass mehr Leute ihre Tiere abgeben, befürchtet Schwab. Andere Punkte des Papiers, wie das Verbot von Qualzuchten oder die Positivliste, seien hingegen sinnvoll.
Die Idee des Sachkundenachweises orientiert sich am Beispiel Niedersachsens: Das Nachbarbundesland hat bereits 2013 einen verpflichtenden Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden eingeführt – damals in erster Linie eine Reaktion auf eine Vielzahl an Beißvorfällen. „Grundsätzlich gilt: Je besser sich der Besitzer auskennt, desto besser ist es auch für’s Tier“, sagt Natascha Manski, Pressesprecherin des Landwirtschaftsministeriums. Zwar gebe es keine offiziellen Statistiken, die einen Erfolg des Gesetzes belegten, Niedersachsen erhalte aber Zustimmung von Seiten des Tierschutzes. Eine Ausweitung auf andere Tierarten hält das Ministerium allerdings nicht für notwendig. „Von Katzen geht nicht in gleichem Maße eine Gefahr aus“, sagt Manski.
In Bremen will nun die Koalition über das grüne Papier beraten. Bruck wünscht sich, dass daraus eine Bundesratsinitiative wird.
Leser*innenkommentare
Harald Butenschön
Das wird aber auch langsam Zeit.
Da werden flugfähige Vögel in Käfigen gehalten, die meist kleiner sind als handelsübliche Fernseher, Dackel in der Etagenwohnung, Katzen ohne Freigang und Karnivoren werden vegetarisiert.
Wenn die Tierwohl-Debatte in der Landwirtschaft hier als Maßstab herangezogen würde, wäre der Bundeshaushalt auf Jahrzehnte saniert.
13566 (Profil gelöscht)
Gast
Eine theoretische und praktische Prüfung als Sachkundenachweis, ob die HaustierbesitzerInnen es auch können?
Wer soll diese Testpraktiken und Fragen bestimmen?
Wahrscheinlich BeamtInnen, die von ihren gut gepolsterten Sesseln aus, sich ein paar theoretische Fragen aus den Fingern saugen.
Wer soll den praktischen Test abnehmen und bestimmen, was dort geprüft wird?
Ist mir alles zu theoretisch und zu bürokratisch.
Die deutschen Verwaltungen, Behörden und ihre Beamten bekommen jetzt schon nichts mehr auf die Reihe, außer Papiere und Verbote zu erstellen, die anschließend nicht durchgesetzt werden.
Heiße Luft, um sich eine Daseinsberechtigung zu verschaffen. Mehr nicht.