piwik no script img

Grüne uneinsStreit über Erkundung von Gorleben

Im Protest gegen Gorleben sind sich die Grünen einig. Nicht aber in der Frage, ob der Salzstock im Rahmen einer "ergebnisoffenen Endlagersuche" weiter erkundet werden soll.

Soll der weitere Gang in den Salzstock gewagt werden? Die Grünen sind sich uneins. Bild: dapd

BERLIN taz | Am Castor-Wochenende reihten sich die Grünen noch einhellig in die Proteste in Gorleben ein - doch eine Woche später wird in der Partei heftig über die Zukunft von Gorleben gestritten. Hintergrund ist der Leitantrag zur Energiepolitik, der auf dem Bundesparteitag am Wochenende in Freiburg beschlossen werden soll.

Im Entwurf des Bundesvorstands wird zwar ein "Neustart bei der Endlagersuche" gefordert und Gorleben als "politisch auf jeden Fall verbrannt" bezeichnet. Allerdings wird nicht explizit ausgeschlossen, dass der Salzstock im Wendland im Rahmen einer "ergebnisoffenen, vergleichenden Endlagersuche" weiter erkundet wird.

Genau das will eine große Gruppe von prominenten Antragstellern verhindern, darunter der niedersächsische Fraktionschef Stefan Wenzel, die EU-Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms und die Atomexpertin der Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl. In Änderungsanträgen fordern sie, den Standort Gorleben "endgültig" aufzugeben und ihn bei dem Standortvergleich explizit auszunehmen. "An unserer klaren Haltung zu Gorleben darf es keinen Zweifel geben", heißt es zur Begründung.

Jürgen Trittin, ehemaliger Umweltminister und heutiger Fraktionsvorsitzender im Bundestag, bestreitet eine Meinungsverschiedenheit. "In der Sache sind wir uns einig", sagte Trittin zur taz. Strittig sei allein die "sprachliche Frage", ob man Gorleben im Gesetz von vornherein ausschließen dürfe. "Wir sollten nichts versprechen, was wir hinterher nicht halten können."

Das sieht Rebecca Harms anders. "Angesichts der schlechten Geologie und der bekannten Manipulationen müssen die Grünen das Ziel festschreiben, Gorleben auszunehmen", so Harms. "Das ist gerade nach den Enttäuschungen über den rot-grünen Atomkonsens wichtig." Dem stimmt Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg zu. "Mit der Position aus dem Leitantrag können die Grünen in der Region keinen Pfifferling gewinnen." Der Versuch, einen Kompromiss zu finden, ist nach taz-Informationen zunächst gescheitert; ob es bis zum Parteitag noch eine Einigung gibt, ist offen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • N
    nico

    Es fehlt eine wissenschaftsorientierte, rationale,

    linke Energiepolitik.

    Die Einengung der Grünen auf die Ökoinstitute und

    ihre ideologische Schmalspurforschung wird ihnen

    über kurz oder lang auf die Füsse fallen.

    Was da im Atomprotest auf der Straße aufgesammelt

    wird an Stimmung, hat keinen linksrationalen Ansatz.

    Das happening von ev. Kirchtagsversprengten und

    ein paar Altachtundsechziger plus Eventsüchtigen

    kann nicht den geistigen Humus für Deutschlands

    Entwicklung sein. Das wäre zu schwach und würde

    Deutschland wissenschaftlich abschaffen.

    Wo bleibt eine rationale Linke POSITION:

  • N
    nico

    Der Plan der Grünen Deutschland auf alternative

    Energie umzustellen ist möglich - theoretisch.

    Praktisch wird er sich nicht umsetzen lassen, weil er

    einfach viel zu teuer ist.

    Die deutschen Privathaushalte zahlen heute schon

    40% mehr für ihren Strom als im Durchschnitt der

    EU-Länder. Die Umstellungskosten sind jedoch erst

    am anlaufen.

    Das Ergebnis wird sein: Grüne Energiepolitik ist

    bürgerfeindlich und unsozial weil zu teuer.

    Dazu kommen noch die Mietsteigerungen wegen der

    Wärmedämmung, die sich oft durch Energieeinsparung nicht ausgleicht.

    Die Straßenauftritte zur Verhinderung von End- oder

    Zwischenlager wird die überteuerte Politik durch

    nicht vermittelbare Krawallscenen noch unattraktiver

    machen. Man muß kein Prophet sein um grüne Energie-

    politik vor großen Schwierigkeiten zu sehen.

    Die Tatsache, daß das Klimathema weiter an Bedeutung

    verliert, schwächt die grüne Argumentationskette, die

    alles was unrentabel ist am CO2 festzumachen versucht. Die Tatsache, daß Benzin in USA 0,60 Euro

    pro Liter kostet, bringt manchen Ökoeuropäer ins Denken.

  • E
    Egal

    Und wenn das Gorlebener Endlager dann doch gebaut wird, wird es wenigstens grün angestrichen.

  • R
    reblek

    "Wir sollten nichts versprechen, was wir hinterher nicht halten können." Sagt Trittin. Hört sich ehrlich an, ist aber opportunistisch nach all dem, was sein Verein in den vergangenen Jahrzehnten gesagt hat. Wenn Trittin ernstgenommen würde, dürfte sein Haufen so gut wie gar nichts mehr versprechen, denn er hat in der Vergangenheit so gut wie nichts gehalten. Egal in welcher Regierung.

  • A
    Antonietta

    Atomkraft muss ein Auslaufmodell bleiben. Sonne, Wind, Biomasse und Wasser plus Energieeffizienz und Einsparung gehören die Zukunft!

  • N
    nico

    Wenn nun zwei weitere Standorte festgelegt und ergebnisoffen untersucht werden sollten.

    Was organisieren die Grünen, dann an den neue

    Orten,zum Beispiel im Granit im Schwarzwald.

    Werden sie dann sofort einer ergebnisoffenen

    Untersuchung an diesen Orten zustimmen und jeden Krawall ihrerseits vermeiden.

    Die Grünen beten doch dafür, daß ihr Wunsch einen

    weiteren Standort zu untersuchen nicht erfüllt wird.

    Die Regierung sollte dies austesten um die schein-

    heilige Position öffentlich zu machen.

    Die grüne Energiepolitik und ihre Unlogik wird wird die

    Grünen noch zerfledern.

    Schweiz hat drei Standorte für neue Kernkraftwerke

    benannt. Volksabstimmung kommt wahrscheinlich positiv.

    England hat acht Standorte für neue Kernkraftwerke

    festgelegt. Volksabstimmung keine. Gesellschaftliche

    Zustimmung Ja.

    Die Grünen schlagen vor New York mit Solarzellen,

    Windmühlen und Biogas zu elektrifiziern.

    In USA sinken die Strompreise, der Bau von Windmühlen

    wird derzeit stark vermindert.