Grüne streiten über Rente mit 67: Spitze und Basis entkoppeln sich
Die Spitze der Grünen verteidigt die Rente mit 67 - sonst gäbe es keinen Druck, Jobs für Ältere zu schaffen. Doch die Basis fordert weiter ein Grundeinkommen.
BERLIN taz | "Auf wen willst du Druck ausüben? Auf die Politik? Aber doch bitte nicht auf Kosten der 65- bis 67-Jährigen?" Diese Fragen stellt Arfst Wagner, Grüner in Schleswig-Holstein, seinem Fraktionsvize im Bundestag, Fritz Kuhn. Wagner hat einen offenen Brief geschrieben, er ist eine Reaktion auf Kuhns Äußerungen in der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag.
Dort verteidigten Kuhn und Grünen-Chef Cem Özdemir die Rente mit 67 gegen den SPD-Vorschlag, die Rentenerhöhung auszusetzen: Passiere das, würde nämlich der "Druck rausgenommen", neue Jobs für Ältere zu schaffen. Das empört linke Grüne, die sich unter anderem für das bedingungslose Grundeinkommen einsetzen und in der längeren Arbeitspflicht eine Rentenkürzung sehen.
"Kuhns Äußerungen zeigen, dass er jede Bodenhaftung verloren hat", sagte Wagner, der als Direktkandidat zur Landtagswahl in Schleswig-Süd im Mai antritt, zur taz. Wagner warnt: "Wir steuern auf eine Gesellschaft zu, in der 80 Prozent in Armut leben und 20 Prozent in Reichtum." Um das verhindern, sollte der Arbeitsbegriff verändert werden, fordert Wagner: "Es müssen andere Anreize für Arbeit geschaffen werden." Arbeit müsse entkoppelt werden vom bisher "einzigen Ziel, damit Geld zu verdienen". So sollten Arbeitslose, die ehrenamtliche Arbeit leisten, von den Arbeitsämtern nicht mehr sanktioniert werden.
Schweden als Vorbild
Der Grünen-Rentenexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn fordert außerdem, den Zwang zur Frühverrentung von Hartz-IV-EmpfängerInnen abzuschaffen. Die können mit 63 vom Amt in die Rente geschickt werden und müssen dementsprechend Rentenkürzungen hinnehmen.
Generell stimmt Strengmann-Kuhn aber Kuhn und Özdemir zu: "Die Rente mit 67 macht Sinn", sagte er zur taz. Allerdings müsse "innerhalb der Rentenleistungen umverteilt" werden, etwa durch eine Garantierente: Wer weniger hat, bekommt was dazu. Darüber hinaus seien flexible Übergänge wichtig, wie in Schweden. Dort kann der Renteneintritt frei gewählt werden. Jede und jeder hat ein virtuelles Rentenkonto, auf das die Rentenbeiträge eingezahlt werden. Die Rentenhöhe wird dann nach der Höhe der Einzahlungen und der zu erwarteten Rentendauer bestimmt.
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